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Franckesche Stiftungen zu Halle

Über das Museum

Die Kunst- und Naturalienkammer ist ein historischer Teil der Franckeschen Stiftungen zu Halle und gilt als der älteste deutsche Museumsraum. Sie wurde von August Hermann Francke (1663-1727) zu Unterrichtszwecken angelegt und ist heute wieder nach dem originalen Museumskonzept des 18. Jahrhunderts an ihrem historischen Platz in der Mansarde des Historischen Waisenhauses aufgestellt.
Im 17. und 18. Jahrhundert waren Kunst- und Naturalienkammern nichts Ungewöhnliches. In ganz Europa legten Adlige, aber auch Bürgerliche sogenannte Wunderkammern an. Ihr Ziel war die Schaffung eines möglichst vollständigen Mikrokosmos zur Untersuchung der als "Wunder der Schöpfung" wahrgenommenen Welt.
Unterstützt vom brandenburgischen Kurfürsten Friedrich III., begann August Hermann Francke Ende des 17. Jahrhunderts eine Kunst- und Naturaliensammlung im damaligen Hauptgebäude der Stiftungen anzulegen. Mit Hilfe seiner weltweiten Verbindungen gelang es ihm schnell, Kuriositäten aus einer Vielzahl von Gegenden zusammenzutragen. Als Materialsammlung für den Realienunterricht der Stiftungsschulen konzipiert, gewann die Kammer schnell auch als öffentliches Museum Bedeutung, als sie ab 1734 komplett im Dachgeschoss des Historischen Waisenhauses untergebracht wurde. Gottfried August Gründler, Maler und Kupferstecher, entwarf die Ordnung und katalogisierte die Sammlung. Er ist auch für die reiche und bunte Dekoration der bemalten Sammlungsschränke verantwortlich.
Im Zuge der Aufklärung und der Spezialisierung der Wissenschaften im 18. Jahrhundert gerieten die Kuriositätenkabinette aus der Mode. Der uns kühn erscheinende, ganzheitliche Anspruch konnte nicht länger aufrechterhalten werden und viele Kammern wurden aufgelöst und Einzelstücke neuen, spezialisierten Museen zugeordnet. Die Kunst- und Naturalienkammer der Franckeschen Stiftungen aber blieb intakt. Sie wurde weiter für den Unterricht gebraucht. Erst im 19. Jahrhundert geriet sie langsam in Vergessenheit.
Während des Zweiten Weltkrieges ausgelagert, war sie in der DDR zugänglich, bis der allgemeine Verfall der Stiftungsgebäude auch dieses einmalige Kabinett zu zerstören drohte. Mit der Sanierung des Historischen Waisenhauses in den 1990er Jahren konnte auch die Kunst- und Naturalienkammer der Franckeschen Stiftungen in originaler Form an originaler Stätte wieder aufgebaut werden. Für die Besucher wird die Urform des Museums und die frühmoderne ganzheitliche Weltschau auf plastische Weise erlebbar.
Die Präsentation der einzelnen Sammlungsstücke unterscheidet sich erheblich von der einer modernen Ausstellung. Viele Gegenstände drängen sich auf engem Raum und keine Beschriftung bietet Orientierung. Dies ist im Einklang mit der originalen Gestaltung, denn im frühmodernen Kuriositätenkabinett trat das Einzelobjekt gegenüber dem Gesamtensemble zurück. Gleichwohl folgt die Ordnung der Objekte den damals modernsten Erkenntnissen. Die Schränke waren genauestens auf ihren jeweiligen Inhalt wie auch auf die Raumverhältnisse abgestimmt. Die jetzige Anordnung entspricht im wesentlichen derjenigen von 1741.

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