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Schloß Wernigerode GmbH Sammlung des Schriftgutes [Schg 001732]
Brief des Dichters Johann Wilhelm Gleim (Schloß Wernigerode GmbH RR-F)
Herkunft/Rechte: Schloß Wernigerode GmbH (RR-F)
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Feder vom Hut Friedrichs II. von Preußen

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Beschreibung

Brief des Dichters Johann Wilhelm Ludwig Gleim (1719-1803)
Halberstadt 13. Okt. 1786

"Feder vom Hut Friedrichs II.
Technik: Feder, Schriftstücke mit Siegel im Rahmen, 23 x 30,2 cm (Rahmen)
Gleim hatte einen Hut und eine Schärpe Friedrichs II. in seinen Besitz gebracht, die viel von sich reden machten. Er wies sie seinen Besuchern häufig vor und die gemeinsame Betrachtung war eine Gelegenheit, sich zu dem König zu bekennen und sich so Gesinnungsgenossenschaft zu bekunden. Insofern wirkten die Reliquien - denn um solche handelt es sich hier, um Reliquien eines profanen Helden - gemeinschaftsstiftend.
Die Schärpe soll Friedrich II. im Siebenjährigen Krieg getragen haben, den Hut bei der Audienz, die Gleim 1785 gewährt wurde. Den Hut bat er sich von Herzog Friedrich August von Braunschweig(-Oels), den er nach der Audienz traf. Die Schärpe erhielt er von einem Kämmerer des Königs Namens Gericke, der wie Gleim aus Ermsleben gebürtig war. In dem Begleitschreiben Gerickes erfuhr Gleim, dass es sich nicht um irgendeine Schärpe handelte, sondern um jene, die der König im Siebenjährigen Krieg getragen und als Memorabilie aufzubewahren angeordnet hatte: "Da nun dieser weise König diese Escarpe aufzuheben zu befehlen geruht, so befand sich auch selbige, am 17. August 1786, da Allerhöchstdieselben, des Morgens, 20 Minuten auf 3 Uhr, die Welt verließen, und zu der Ewigkeit übergingen, noch in der genauesten Verwahrung in der Garderobe, welche Sr. jetzt regierenden Königlichen Majestät, unser allertheuerster und gnädigster, geliebter, großer Monarch denen Kammerleuter, auf meine Vorbitte, allergnädigst zu schenken geruhten. Ich kaufte vorzüglich remarquableste Stück." Dass die Garderobe vollständig den beiden Kammerlakeien geschenkt wurde, dies stimmt mit anderen Nachrichten überein (Reliquien-Handel aus der Garderobe Sr. Majestät des Königs von Preußen Friedrichs II. In: Journal des Luxus und der Moden, April 1787, S. 129-134). Bald wurde damit ein schwunghafter Reliquienhandel betrieben.

Die Schärpe und der Hut in Gleims Besitz haben eine große Ausstrahlung ausgeübt. Dem Hut wurde gar eine Schrift gewidmet: "Zwey Gedichte auf den Hut Friedrichs des Einzigen, welchen des Herzogs Friedrichs von Braunschweig Durchlauchten dem Verfasser der preußischen Krieges-Lieder sandten" (Halberstadt 1787). Den beiden Gedichten ist eine kurze Erläuterung der Provenienz des Hutes vorangestellt, die auch den Begleitbrief des Herzogs von Braunschweig zitiert (siehe auch Körte 1811, S. 233 f.).

Gleims Nachlassverwalter Wilhelm Körte sandte den Hut 1825 auf königliche Bitte zur Ausstattung einer Wachsfigur für die Kunstkammer nach Berlin. Dort wurde er nachgebildet und der Gleimschen Familienstiftung zurückerstattet (Michaela Völkel: Könige als Kuriositäten. Monarchen und ihre Effigies als Objekte der Schaulust 1660-1860: In: Herrschaft, Architektur, Raum. Festschrift für Ulrich Schütte zum 60. Geburtstag. Hg. v. Stephanie Hahn und Michael H. Sprenger, Berlin 2008, S. 293-313, hier S. 312; Leitfaden für die königliche Kunstkammer und das ethnographische Cabinet zu Berlin. Berlin 1844, S. 95). Nach dem Tod Körtes wurde er um 1850 zusammen mit der Schärpe wiederum an die Berliner Kunstkammer abgegeben. Im frühen 20. Jahrhundert ist beides in einem Inventareintrag aus dem Hohenzollernmuseum Schloss Monbijou (freundliche Mitteilung von Ulrich Feldhahn, 28.10.2011) und einem Foto von ebendort nachgewiesen. Danach jedoch verliert sich die Spur. Laut dem Inventareintrag waren von dem Zertifikat, mit dem der Herzog von Braunschweig den Hut bezeichnet hat, damals nur noch Siegelreste vorhanden.

Gleim hat Teile von Hut und Schärpe weitergegeben und somit gleichsam Reliquien gespendet. So ließ er Fasern in einen Gedenkring fassen. Eine Gräfin von Erbach erhielt eine Feder des Hutes zum Geschenk, die vor einigen Jahren von der Schloß Wernigerode GmbH erworben werden konnte. Auch dieser Reliquie ist ein Echtheitszertifikat beigegeben, diesmal von der Hand Gleims: "daß die innliegende Feder vom Huth des Einzigen, welchen Er am Tage seines Todes noch getragen, und welchen des Herzog Friederich von Braunschweig Lüneburg Durchl. Dem Canonicus Gleim zum Andenken des großen Unsterblichen zugesendet hat, in Gegenwart der regierenden Frau Gräfin von Stolberg-Wernigerode abgenommen sey, solches wird zur Steuer der Wahrheit bezeugt, von Einem Verehrer Ihro Gnaden der Frau Gräfin von Erpach. Halberstadt, den 13t Oct. 1786"
Des weiteren enthält der Rahmen einen Dedikationszettel "der lieben Prinzeß Adelheid, aus meines Königs Federhut!". Vielleicht ist Adelheid Gräfin zu Stolberg-Wernigerode, geb. Gräfin zu Erbach-Fürstenau (1822-1881), verheiratet 1843 mit Botho Graf zu Stolberg-Wernigerode, gemeint.
Dr. Reimar Lacher"

Material/Technik

Papier, Holzrahmen/Handschrift, Feder

Maße

23 x 30,2 cm (Rahmen)

Schloß Wernigerode GmbH

Objekt aus: Schloß Wernigerode GmbH

Der vollständige Name lautet: "Schloß Wernigerode. Zentrum für Kunst- und Kulturgeschichte des 19. Jahrhunderts". Das Schloß Wernigerode kann auf...

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