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GLEIMHAUS Museum der deutschen Aufklärung Porträtsammlung Freundschaftstempel [A 023]
Porträt Johann Georg Sulzer (Gleimhaus Halberstadt CC BY-NC-SA)
Herkunft/Rechte: Gleimhaus Halberstadt (CC BY-NC-SA)
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Porträt Johann Georg Sulzer

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Beschreibung

Johann Georg Sulzer (1720-1779) besuchte von 1736-1741 in Zürich das akademische Gymnasium, wo u.a. Bodmer und Breitinger seine Lehrer waren. 1743 wurde er Erzieher in Magdeburg, 1747 reiste er nach Berlin, wo er Euler und Maupertius kennenlernte. Zu seinen Freunden zählten Spalding, Gleim und Lange. Er bekam eine Professorenstelle für Mathematik am Berliner Joachimsthaler Gynmasium, 1763 berief ihn Friedrich II. an die neugegründete Ritterakademie. 1750 wurde er Mitglied der Akademie der Wissenschaften, 1775 wurde er Direktor der philosophischen Klasse. In der Frühzeit verfasste er hauptsächlich naturwissenschaftliche Abhandlungen, als sein Hauptwerk gilt die "Allgemeine Theorie der Schönen Künste..." (2. Tle. 1771-1774), an dem auch andere Verfasser, u.a. Wieland, mitwirkten und das mehrere Neuauflagen erfuhr.
Johann Georg Sulzer wurde von seinem Landsmann und Schwiegersohn Graff seit 1771 mehrfach gemalt. Das vorliegende, das in mehreren Exemplaren existiert, ist das intimste von Graffs Porträts seines Schwiegervaters und vielleicht seines umfangreichen Werkes überhaupt. Sulzer erscheint im knappen Brustbild, den Kopf fast im Profil, ohne Perücke mit kurz geschnittenem Haar. Das Kolorit ist auf ein warmes Braun beschränkt, der Oberkörper dem Gesicht in den Helligkeitswerten strikt untergeordnet. Durch die Dicke des Farbauftrags hat das Gesicht beinahe materielle Präsenz gewonnen. Phänomenal an den Arbeiten Graffs ist die geistige Ausstrahlung seiner Porträtgestalten. Sulzer kommt uns mit seinem aktivischen Blick und der gebannten Miene glockenhellwach und blitzgescheit vor.
Sulzer war mit seiner mehrbändige Allgemeinen Theorie der schönen Künste, die mehrere Auflagen erlebte, der wohl einflussreichste Ästhetiker der deutschen Aufklärung. Von alters her war das Porträt in der Hierarchie der Bildgattungen niedrig angesiedelt. Sulzer nahm eine gravierende Aufwertung vor: "Nichts ist […] gewisser, als dieses, daß wir aus der Gestalt der Menschen, vorzüglich aus ihrer Gesichtsbildung etwas von dem erkennen, was in ihrer Seele vorgeht". Daraus folge, "daß jedes vollkommene Portrait ein wichtiges Gemählde sey, weil es uns eine menschliche Seele von eigenem persönlichen Charakter zu erkennen giebt".
An den Porträtisten stellt er die Anforderung: "Vorzüglich muß er das scharfe Aug des Geistes haben, die Seele ganz in dem Körper zu sehen". Nur einen einzigen zeitgenössischen Porträtisten erwähnt Sulzer in seiner recht ausführlichen Erörterung - Anton Graff, seinen in Dresden tätigen Schwiegersohn. Er gilt ihm als Muster eines Porträtmalers und es scheint fast, als habe Sulzer seinen Standpunkt und vor allem die formalen Vorgaben für die Bildnismalerei, mit denen er seinen Artikel beschließt, der künstlerischen Praxis Graffs zu verdanken. Doch auch der empfindsame Porträtkult, wie wir ihn von Johann Wilhelm Ludwig Gleim kennen, dürfte auf Sulzers Auffassungen eingewirkt haben. Seit den 1740er Jahren war er eng mit Gleim befreundet und erlebte den Aufbau von dessen Porträtgalerie, in der er auch selbst schon früh vertreten war, und dessen Umgang mit dem Bildnis aus nächster Nähe.
Gleim besaß Sulzers Porträt von der Hand des Magdeburger Malers Nikolaus Bruno Belau (1745), von Gottfried Hempel (um 1748) sowie von Bernhard Rode (1762). Letzeres ist im Auktionsverzeichnis von 1803 aufgeführt und Körtes Handexemplar der Gleimschen Sammlung gestrichen (Verlust zwischen 1811 und 1846).
1786 schenkte Gleim der Berliner Akademie der Wissenschaften (oder aber der Kunstakademie) ein Bild Sulzers, das dort heute nicht mehr nachweisbar ist, vielleicht dasjenige Belaus.
Das vorliegende Bildnis Sulzers hatte Gleim um 1781 erhalten. Hierzu schrieb er an Johannes von Müller am 6. Januar 1782: "... von Graf[f] habe ich meines Sulzers Kopf erhalten vortreflich - Wär ich der Landgraf so ließ ich diesen Mahler reisen in Deutschland, zu allen den Köpfen; zu den vielen - oder den wenigen ... und dann müßte er sie malen für meinen kleinen Musentempel!"
Gleim hatte einen sicheren Blick für die künstlerische Qualität von Bildnissen, beschäftigte allerdings auch Porträtisten zweiten und dritten Ranges, wenn ein erstklassiger Maler am Ort nicht verfügbar oder zu teuer war.
verso: Sulzer / von / Graf / für / Gleim
Im Gleimhaus befindet sich als Dauerleihgabe des Landes Sachsen-Anhalt auch eine Daniel Nikolaus Chodowiecki zugeschrieben Rötelzeichnung dieses Porträts (Sign. Ca 9622).

Material/Technik

Öl auf Leinwand

Maße

55 x 44,5 cm (mit Rahmen 58,6 x 48,3 cm)

Literatur

  • Becker, Carl (1911): Der Freundschaftstempel im Gleimhause zu Halberstadt. Halberstadt, 110
  • Becker, Carl (1963): Die Bildnisse im Gleimhaus. Halberstadt, 023
  • Jaenicke, Eduard (1865): Inventarium der zum Canonicus-Gleim’schen Nachlasse gehörigen Bücher, Handschriften, Gemälde und Kupferstiche (handschriftlich). Halberstadt, 111
  • Körte, Wilhelm (1811): Johann Wilhelm Ludwig Gleims Leben. Aus seinen Briefen und Schriften. Halberstadt, 7b
  • Körte, Wilhelm ([1810/20]): Inventarium der zum Canonicus-Gleimschen-Nachlaße gehörigen Bücher und Handschriften, Kupferstiche und Gemälde. Angefertigt durch Dr. Wilhelm Körte, damit darnach ein wißenschaftlich geordnetes Verzeichniß demnächst angefertigt werden könne. [Halberstadt], IV.84
  • Lacher, Reimar F. (Hg.) (2010): Von Mensch zu Mensch. Porträtkunst und Porträtkultur der Aufklärung. Halle, 137
  • Nachlassinventar (1803): Inventarium des Nachlasses des am 18ten Februar 1803 zu Halberstadt verstorbenen Canonicus und Dom-Secretair Johann Wilhelm Ludwig Gleim, ... Halberstadt, XX.028.60
  • Niemann, Ludwig Ferdinand (1824): Die Stadt Halberstadt und die Umgebung derselben. Halberstadt, 090
  • Scholke, Horst (2000): Der Freundschaftstempel im Gleimhaus zu Halberstadt. Porträts des 18. Jahrhunderts. Bestandskatalog. Bearb. v. Horst Scholke mit einem Essay von Wolfgang Adam. Leipzig, 179
GLEIMHAUS  Museum der deutschen Aufklärung

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Das Gleimhaus ist eines der ältesten deutschen Literaturmuseen, eingerichtet im Jahr 1862 im ehemaligen Wohnhaus des Dichters und Sammlers Johann...

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