Das Löwentor bildet den südlichen Zugang zum Lustgarten, einer zwischen Schloss und historischem Stadtkern gelegenen Parkanlage, die von einer Steinmauer umschlossen ist.
Anni Reinecke malt das weit offen stehende Tor von der Gartenseite aus, so dass der Blick auf einen großen Baum fällt, der direkt an der Straße steht. Es ist Herbst und sein Laub hat sich bereits orangegelb verfärbt, auch auf der Erde liegen bunte Blätter. Einige Bäume und Büsche sind aber noch grün. Der Himmel ist grau und im dunstigen Hintergrund ist das Schloss schemenhaft zu erkennen. Auch einige seitlich an der Straße stehende Häuser sind zu sehen, jedoch nicht besonders ausdifferenziert dargestellt.
Es hat den Anschein, als habe das Bild keinen echten Bildgegenstand. Das Löwentor nimmt zwar die Bildmitte ein, aber es ist nicht seine repräsentative Gestalt, die hier im Mittelpunkt steht, sondern der Umstand, dass es offen ist. Lustgarten und Straßenraum gehen nahezu unmerklich ineinander über, von den löwentragenden Torpfeilern flankiert, aber nicht beherrscht.
Die Herbststimmung ist wohl das eigentliche Thema des Bildes. Es ist nicht nur das sich färbende Laub, das den Herbst ausmacht, sondern vor allem die Eintrübung des Lichts, das Verschwimmen von Konturen, das typische "nicht mehr das eine und noch nicht das andere sein". In diesem Sinne - und auch dank der lockeren Pinselführung - kann das Bild als impressionistisch angesprochen werden.
Das Bild muss vor 1944 entstanden sein, da noch beide Löwen erhalten sind.
Um 1720 wurde der Lustgarten von Graf Christian Ernst zu Stolberg-Wernigerode angelegt, der jedoch in den 1820er Jahren zu einem Englischen Landschaftspark mit exotischen Bäumen umgestaltet wurde. Seit 1929 ist der Lustgarten im Besitz der Stadt Wernigerode und wurde in den 1950er Jahren saniert. Zusammen mit der ehemaligen Orangerie und einigen Steinskulpturen stammt das Löwentor noch aus der Barockzeit. Es verdankt seinen Namen den beiden Wappen tragenden Löwen auf den mächtigen Torpfeilern. Während des Zweiten Weltkriegs wurde 1944 einer der Löwen zerstört, konnte aber nach dem Vorbild des erhalten gebliebenen rekonstruiert und 1991 wieder aufgestellt werden.
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