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Suppenkaspar

"Der Suppenkaspar ist eines der pointiertesten Kapitel des Struwwelpeters. Es erzählt in wenigen Versen die Geschichte eines Jungen, der sich weigert, seine Suppe zu essen und daher innerhalb weniger Tage verhungert.
Auf geschickte Weise verbindet Hoffmann zwei hochaktuelle Themen des frühen 19. Jahrhunderts:
Zum einen nimmt er bahnbrechend die Thematik der bürgerlichen Erziehung auf. Erstmals kommt diese Thematik überhaupt in die Wahrnehmung breiter Bevölkerungsschichten. „Erziehung“ als Charakterbildung des Menschen mit ihrer immanenten Problematik des Formens war bis in das 19. Jahrhundert hinein eine Thematik adeliger Schichten. Aber selbst dort war Erziehung in erster Linie Ausbildung, durch professionelle Erzieher zu besorgen, wenn auch auf eine breite Charakterbildung ausgelegt.
In bürgerlichen Schichten dagegen war bis in das Biedermeier hinein „Erziehung“ in erster Linie Berufsausbildung. Der erste, der in der deutschen Literatur ein eigenständiges bürgerliches Bildungsideal propagierte, war Goethe mit Wilhelm Meisters Lehrjahre (1795/1796); beeinflusst war er dabei von Rousseaus Émile (1762) und den Idealen einer naturgemäßen Kindererziehung, während Rousseau jedoch selber seine Kinder im Waisenhaus, also einer Institution außerhalb der Familie, aufwachsen ließ.
Mit seinem Suppenkaspar bringt Hoffmann die Erziehungsproblematik des selbsterziehenden Bürgerhauses auf eine unterhaltsame literarische Ebene.
Das zweite Thema, das pointiert verarbeitet wird, ist die plötzliche Möglichkeit einer Verhaltensweise, die mit dem medizinischen Fachbegriff als Anorexia nervosa bezeichnet wird. Erst bedingt durch die landwirtschaftlichen Revolutionen des 19. Jahrhunderts kann das Thema der freiwilligen Essensverweigerung überhaupt Bedeutung gewinnen.
Bis zur Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert traten Hunger und Hungersnöte regelmäßig auf. Die Verweigerung der Nahrungsaufnahme konnte in diesem Umfeld vielleicht eine absurde Idee sein, niemals jedoch eine reale psychische Verirrung. Der Suppenkaspar ist wahrscheinlich der Literatur erster Anorektiker – und der Freudsche Hintergrund als Erziehungsproblematik wird sogleich mitdiskutiert. Hoffmann, der selbst als leitender Arzt der Frankfurter Anstalt für Irre und Epileptische im Feld der Jugendpsychiatrie arbeitete, hat hier möglicherweise Krankheitsfälle aus der eigenen Praxis verarbeitet.
Es gilt heute als wahrscheinlich, dass die Geschichte vom Suppenkaspar einen realen Hintergrund besitzt: Am Jakobifriedhof in Leoben befand sich bis zur teilweisen Einebnung des Friedhofs beim Ausbau der B 116 im Jahr 1984 das Grab eines im Jahre 1834 verstorbenen neunjährigen Jungen. Das Grab war mit Suppenkaspar beschrieben. Als Todesursache findet sich in den Kirchenbüchern der Eintrag: „Verweigert Nahrungsaufnahme“. Ob Hoffmann jemals selbst auf seinen Reisen das Grab gesehen hat, ist nicht überliefert." (Quelle: Auszug Wikipedia am 11.05.2015, URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Struwwelpeter#Die_Geschichte_vom_Suppen-Kaspar).

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Informationsblatt: Zeitgemäßer Haushalt, Januar-Brief 1939
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