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Landesmuseum für Vorgeschichte Halle Thüringische Kultur (ca. 750-300 v. Chr.)

Thüringische Kultur (ca. 750-300 v. Chr.)

Über die Sammlung

Das Namen gebende Verbreitungsgebiet dieser früheisenzeitlichen Kultur umfasste das Thüringische Becken und die Region der mittleren Saale. Sie formierte sich aus der örtlichen spätbronzezeitlichen Unstrut-Gruppe. Zudem sind Einflüsse aus dem hessischen und mittelrheinischen Raum festzustellen. Kulturintern vollzog sich um 575 v. Chr. ein gesellschaftlicher Bruch im Totenkult: Die Grabbeigaben lassen eine Oberschicht erkennen, die Einflüsse aus dem Mittelgebirgsraum aufgriff und sich nur noch unversehrt beisetzen ließ. Der Großteil der Bevölkerung verharrte jedoch weiterhin bei der Brandbestattung.
Das Spektrum der Töpferwaren verweist auf regionale Gemeinschaften. Die bedeutendste von ihnen war die Hallesche Gruppe. Deren Salzreichtum begünstigte die Einfuhr von Bronze und in der Folge die Etablierung versierter Metallwerkstätten. Nach 450 v. Chr. orientierten sich diese Gruppierungen zunehmend an keltischen Vorbildern.

Bestattung
Die spätbronzezeitliche Brandbestattungssitte wurde von weiten Teilen der Bevölkerung fortgeführt. Mit einer Urne und wenigen Beigaben war die Ausstattung dieser Brandgräber bescheiden. Statusanzeigende Halsringe sind äußerst selten und kamen unverbrannt in / neben die Urne.
Die Körpergräber der Oberschicht wirken indes im gesamten Gebiet homogen. Sie manifestieren einen ideologischen Wandel. Die Toten ruhten in gestreckter Rückenoder Hocklage und in voller Tracht. Noch im Grab trug die Frau Schmuck, je nach persönlichem Besitz: Armring-Garnituren, ein / zwei Gewandnadeln und eine Haarnadel. Höherrangige hatten zudem ein / zwei Halsringe. Die Männergräber blieben hingegen beigabenlos.

Besonderheit
Die Figuren auf einer Scherbe aus Halle, OT Trotha, wurden nachträglich in das Gefäß geritzt. Im Zentrum befindet
sich ein Strichmännchen, das mit erhobenen Händen eine Lanze oder einen Speer hält. Zwei Tiere, wohl Hunde, begleiten diesen Menschen. Dahinter signalisiert ein großer Baum, dass die Szene im Wald spielt und somit eine Jagd darstellt. Oberhalb der Tiere ist ein weiterer Mensch zu sehen, eine Frau, wie das Symbol zwischen den Beinen zu erkennen gibt. Ein Strich verbindet diese Figur mit der Lanze des Jägers, was offenbar die Vereinigung von Mann und Frau versinnbildlichen soll. Die verknüpfende Darstellung der beiden Aspekte Jagd und Potenz ist letztlich eine Metapher für die Mannbarkeit.

Hausbau / Siedlungswesen
Ein Grabungsbefund bei Queis, Saalekreis, gewährt Einblicke in das Siedlungswesen der Thüringischen Kultur.
Eine Abfolge von Siedlungen ließ sich rekonstruieren. Um 600–450 v. Chr. stand dort eine unbefestigte Siedlung
(3,4 ha) mit Salzsiedeofen. Ihr folgte eine umwehrte Siedlung (3 ha) mit ovalem Graben (grün). Im 4. Jh. v. Chr. führte ein Rückgang der Einwohnerzahl zu einer Reduzierung der Siedlungsfläche auf 1,5 ha (rot). Dabei wurde das weiterhin bewohnte östliche Areal durch einen Graben von der nun unbesiedelten westlichen Ovalhälfte abgegrenzt. Während der ersten Hälfte des 3. Jh. v. Chr. wurde der Ort endgültig aufgegeben.

© LDA; Tasse. Beigabe aus einem Brandgrab. Halle, OT Trotha; ca. 575–450 v. Chr. Foto: Juraj Lipták (München)

Diese Sammlung ist Teil von

Ältere vorrömische Eisenzeit (750–480 v. Chr.) [5]

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