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Spengler-Museum Sammlung Hermann Wertz

Sammlung Hermann Wertz

Über die Sammlung

Im Besitz des Spengler-Museums in Sangerhausen befindet sich die Sammlung von Hermann Wertz, der von 1897 bis 1913 in der einstigen deutschen Kolonie Kamerun als Zollbeamter tätig war. Mit der Biografie und der Sammlung von Wertz verbinden sich die Geschichte des deutschen Kolonialismus und Sangerhäuser Regional- und Stadtgeschichte. Die Sammlung ist ein Zeugnis davon, wie globale Themen mit regionalen Aspekten verknüpft sein können.

Hermann Wertz wurde 1861 im wenige Hundert Einwohner zählenden Dorf Staupitz (heute Gorden-Staupitz) bei Finsterwalde geboren. Er besuchte die Thomasschule in Leipzig und anschließend das Gymnasium in Sangerhausen. Einer seiner Lehrer war Ewald Gnau, der das Sangerhäuser EUROPA-Rosarium aufbaute. Nach der Reifeprüfung 1887 wandte sich Wertz einer Zolllaufbahn zu. Es folgten berufliche Stationen in Emmerich, an der Mosel und in Köln.

1897 meldete er sich für den Kolonialdienst. Über seine Motivation ist nichts bekannt. Er wurde in die deutsche Kolonie Kamerun mit dem Amtssitz in Douala (zunächst: Kamerunstadt, später: Duala) berufen. Seit 1884 war die Region unter deutsches Protektorat gestellt. Wertz war Zollverwalter, Landesrentmeister und Zollreferent beim dortigen Gouverneur. 1902 fand die Ernennung zum Zolldirektor statt. Amtssitz wurde Buea im Westen Kameruns. Auf eigenen Wunsch wurde Wertz 1912 als Verwaltungsbeamter in die Stadt Bare versetzt, wo er auch die Gerichtsbarkeit über die indigene Bevölkerung hatte. Im darauffolgenden Jahr schied Wertz aus dem Kolonialdienst aus.

Mit Blick auf die derzeitige Quellenlage lässt sich nur schwer eine Einschätzung über die Rolle von Wertz während seiner 16-jährigen Verwaltungstätigkeit in Kamerun treffen. Insbesondere über die Ausübung der Gerichtsbarkeit ist nichts bekannt.

Generell war Zugehörigkeit in den deutschen Kolonien nach „rassischen“ Kriterien festgelegt, sodass für die indigene Bevölkerung Kameruns eine andere Rechtsprechung galt als für die Kolonialherren. Es ist davon auszugehen, dass Wertz nicht nur als Teil einer deutschen Minderheit in Kamerun zu den Profiteuren des Kolonialismus zählte, sondern während seiner langen Zeit als Verwaltungsbeamter in der Zentralverwaltung der Kolonie den Kolonialismus systematisch mitprägte.

Hermann Wertz legte eine Privatsammlung an, die zwar wenig Aufschluss über seine Verwaltungstätigkeit, aber durchaus über sein Freizeitverhalten gibt. Wertz galt als Naturbeobachter. Sein Interesse an Natur aber ging über die reine Beobachtung klar hinaus. So stand Wertz im Austausch mit dem damaligen Direktor des Zoologischen Gartens Berlin, Ludwig Heck, und dem stellvertretenden Direktor des Berliner Museums für Naturkunde, Anton Reichenow. Berichte von Wertz über die Kameruner Tierwelt sollen im zoologischen Nachschlagewerk „Brehms Tierleben“ berücksichtigt worden sein. Jedoch exportierte Wertz auch lebende Tiere aus der Kolonie und gab sie an die Zoologischen Gärten von Berlin, Köln oder Dresden weiter. Besondere Beachtung fand etwa ein an Berlin geliefertes Hirschferkel.

Wertz war Großwildjäger. Fotografien einer im Kameruner Erhohlungsheim Suellaba errichteten Jagdhütte von Hermann Wertz („Hermannsruhe“) sind im Internet zu finden (siehe Link). Wertz schoss zahlreiche Tiere und sammelte Tierschädel als Jagdtrophäen. Nach seiner Rückkehr aus Afrika brachte Wertz diese Trophäensammlung nach Sangerhausen, wo er fortan dauerhaft lebte.

Dieser letzte Lebensabschnitt stand nur vermeintlich im Kontrast zu den Kameruner Jahren. Trotz scheinbarer Zurückgezogenheit, widmete sich Wertz weiterhin der Jagd – eine Konstante in seinem Leben in und nach Kamerun. Wertz bewirtschaftete einen Garten in der Nähe des Sangerhäuser Kunstteichs. Er widmete sich Zeichnungen und Aquarellen mit Natur- und insbesondere Tierszenen. Einige Darstellungen wurden im Sangerhäuser Heimatkalender veröffentlicht oder im Schaufenster einer Buchhandlung ausgestellt. In den 1930er-Jahren schrieb er in einer Tageszeitung über Tiere in Afrika.

Zudem besaß er auch weiterhin seine Trophäensammlung. Sie umfasste Schädel und Gehörne von Tieren wie Nashorn, Flusspferd, Löwe, Warzenschwein, Giraffe sowie verschiedenen Antilopen- und Gazellenarten. Auch afrikanische Jagdwaffen und Keramikfiguren gehörten dazu.

Hermann Wertz starb in den 1940er-Jahren. Seine Schwestern vermachten dem Sangerhäuser Heimatforscher Gustav Adolf Spengler die Sammlung.

Spengler hatte in seinem Wohnhhaus ein privates Heimatmuseum eingerichtet, in dem er zumeist regionalhistorische Funde präsentierte. In einer der Abseiten im Obergeschoss des Wohnhauses zeigte Spengler nun die Objekte von Wertz. Den Raum bezeichnete Spengler – wenngleich weitgehend intern – als „Negerkammer“. Ein solcher Begriff, der offenbar das Exotische der Sammlung unterstreichen sollte, muss heutzutage befremden. Selbst wenn in der Mitte des 20. Jahrhunderts eine wertfreie Nutzung eines solchen Begriffs intendiert gewesen wäre, zeugt dieser doch klar von einer damaligen nicht-tabuisierten Pauschalisierung, Kategorisierung und Reduzierung. Das gilt umso mehr, da die Sammlung hauptsächlich Tierschädel umfasste und der umstrittene Begriff offenbar auf einen übergreifenden Afrikabezug hinweisen sollte.

Seit 1952 wird die Sammlung im ehemaligen Maleratelier von Spenglers Sohn gezeigt. Es befindet sich ebenfalls auf dem Grundstück von Spenglers Wohnhaus, allerdings in einem Nebengebäude – einem früheren Ziegenstall.

Seit 2001 ist das Spengler-Haus als Außenstelle des Spengler-Museums geöffnet. Seitdem werden auch Teile der Sammlung Herrmann Wertz im Rahmen der dortigen Dauerausstellung öffentlich gezeigt.

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