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Johann-Friedrich-Danneil-Museum Salzwedel Apostelzyklus und Christus Salvator aus der Salzwedeler Marienkirche

Apostelzyklus und Christus Salvator aus der Salzwedeler Marienkirche

Der aus insgesamt 13 Figuren bestehende Salzwedeler Zyklus gehört zu den besten Werken der Schnitzerei um 1400 in Norddeutschland, fand allerdings bisher wenig Aufmerksamkeit. Zu ihm gehören zwölf Apostelfiguren und Christus Salvator. Alle sind vollplastisch gearbeitet und von herausragender künstlerischer Qualität.
Wo die bedeutende Werkstatt dieser Skulpturen saß – auch wenn mitunter Lübeck ins Spiel gebracht wurde, ist bisher nicht zu entscheiden. Eine Fertigung in der Altmark oder anderswo in der Mark Brandenburg ist aufgrund der in jeder Hinsicht isolierten Stellung der Figuren kaum vorstellbar.

Nach älteren Beschreibungen (Stapel 1913) und gemäß historischer Fotografien standen die Figuren bis mindestens 1905 auf den Seitenflügeln des Hochaltarretabels der Salzwedeler Marienkirche.
Es ist ein bemerkenswerter Umstand, dass das Thema „Christus Salvator und die zwölf Apostel“ dem Programm der Predella dieses Retabels aus dem frühen 16. Jh. entspricht. Daher kann die Vermutung geäußert werden, dass die Figuren zu einem früheren Hochaltarretabel gehört haben.

Die Figuren stehen teilweise unbewegt und streng frontal – besonders der ehedem sicher in der Mitte postierte Christus oder auch Jacobus d. Ä. Andere sind leicht und sehr abwechslungsreich bewegt (z.B. Andreas, Johannis). Die schlanken Figuren haben meist relativ breite Schultern, die Köpfe sind oft tief auf die Brust gesunken. Die Gesichter sind meist von strenger Miene und werden geprägt von kräftiger Modellierung, hohen Stirnen, melancholisch blickenden Augen. Einige Gesichter sind gedrungen durch die ausgeprägten Jochbeine, die relativ weit auseinander liegenden Augen unter hohen und breiten Stirnen und den geringen Abstand zu Mund und Nase. Die Figuren wirken gleichzeitig – bei sehr kleiner Dimension – monumental und aufgrund der äußerst feinen Schnitzarbeit zierlich. Die Köpfe und Gesichter sind sehr differenziert und meist ausdrucksvoll (siehe Johannis Evangelist oder der andere nicht bärtige Apostel (Matthäus?), sämtliche Details sind fein geschnitzt, die Fassung ist relativ dünn.
Auch die Draperien sind sehr abwechslungsreich gestaltet. So gibt es Figuren, deren Gewänder fast ausschließlich senkrecht zu Boden fallende Falten bilden (Jacobus d. Ä.), andere Apostel raffen ihre Mäntel, sodass sich große Stoffbahnen aus sehr plastischen und äußerst fein modellierten Falten bilden (Christus). Einige wenige Apostel zeigen Typen, die in ihrer Art gewöhnlich sind, so z. B. Paulus mit dem schürzenartig gerafften Gewand und der typischen Kopfgestaltung mit hoher Stirn mit Stirnlocke und Haarkranz und zweigeteiltem Bart sowie dem seitlich gehaltenen Schwert (sehr ähnlich der heute nahezu ungefasste Apostel mit Buch). Eine ausgesprochen seltene und einfallsreiche Komposition zeigt der Apostel mit dem von beiden Händen gehaltenen Beil.
Die Fassung ist bei fast allen Figuren (Ausnahme Apostel mit Buch und Stab) zu großen Teilen erhalten und stets sehr ähnlich. Die Mäntel und Kleider sind polimentvergoldet, die Futter sind azuritfarben.

Die Figuren sind auf bemerkenswerte und in der Region äußerst seltene Art gefertigt. Sie bestehen jeweils aus zwei parallel zur Front verleimten Holzstücken mit radial verlaufenden Jahrringen. Das Holz ist von sehr guter Qualität, vielleicht handelt es sich um Wagenschott (Importholz aus dem Baltikum). Das vordere Stück ist stets deutlich stärker als das hintere, sodass die Fuge sich im hinteren Bereich der Figur, oft hinter dem Nacken, befindet. Die Fuge selbst wurde mit Leinwand kaschiert. Die konsequent qualitätvolle Fertigung – sicher aus abgelagertem Holz – dürfte ein Grund für die sehr gute Erhaltung fast ohne Risse sein.
Die Unterseiten der Figuren zeigen mittig jeweils (z.T. sekundär zugesetzte) Bohrlöcher von großer Tiefe (9-10 cm, Dm ca. 1,2 cm), zusätzlich gibt es zahlreiche Einspannspuren. Sicherlich wurden die Figuren mit Dübeln in einem Schrein oder auf einem Unterbau befestigt, da es keine weiteren Befestigungsspuren gibt. Es kann darüber hinaus vermutet werden, dass diese Bohrungen primär eine Funktion im Zuge des Fassvorganges hatten. Vielleicht wurden hier Stangen befestigt, mit denen es möglich war, die Figuren während der Polychromierung zu bewegen, wie es für die Löcher auf den Kopfoberseiten in der Regel anzunehmen ist. Solche (zugesetzten) Löcher gleichen Durchmessers weisen die Salzwedeler Figuren ebenfalls auf.

[ 13 Objekte ]

Christus Salvator aus dem Apostelzyklus der Marienkirche Salzwedel

Der stehende Christus Salvator hält seine rechte Hand zum Segen erhoben, mit der linken rafft er sein Gewand. (Zweieinhalb Finger der rechten und linken Hand fehlen.) Die originale Fassung ist zu etwa einem Drittel verloren, aber gut zu rekonstruieren: Haupthaar und Bart sind in Umbra, das Futter in Azurit, der Sockel in Grün gehalten. Das Inkarnat ist differenziert, jedoch nicht sehr hell, das Gewand besitzt eine Polimentvergoldung.

Apostel mit Buch aus dem Apostelzyklus der Marienkirche Salzwedel

Der stehende, bärtige Apostel hält ein geöffnetes Buch in seiner rechten Hand, das Attribut in seiner linken Hand - vermutlich ein Stab – fehlt. Die Fassung ist überwiegend erhalten, weist nur geringe Fehlstellen auf: Haupthaar und Bart sind in Umbra, das Futter in Azurit, der Sockel in Grün gehalten. Das Inkarnat ist differenziert, jedoch nicht sehr hell gefasst, das Gewand besitzt eine Polimentvergoldung.

Jakobus der Ältere aus dem Apostelzyklus der Marienkirche Salzwedel

Diese stehende, bärtige Apostelfigur hält eine Muschel - das Attribut des Jakobus (des Älteren) - in der linken Hand (die rechte Hand fehlt). Die originale Fassung ist an Haupthaar und Bart (Umbra), Inkarnat (differenziert, jedoch nicht sehr hell), Gewand (Polimentvergoldung), Futter (Azurit) und Sockel (Grün) recht gut erhalten.

Apostel Andreas aus dem Apostelzyklus der Marienkirche Salzwedel

Die stehende Skulptur des bärtigen Apostels Andreas hält sein Attribut - das Andreaskreuz (beschädigt) - in beiden Händen. Die originale Fassung ist zu etwa einem Drittel verloren gegangen, somit gut rekonstruierbar: Haupthaar und Bart: Umbra, Inkarnat: differenziert, jedoch nicht sehr hell, Gewand: Polimentvergoldung, Futter: Azurit, Sockel: Grün.

Apostel mit Beil aus dem Apostelzyklus der Marienkirche Salzwedel

Bei diesem stehenden, bärtigen Apostel könnte es sich um Matthias handeln. Die Gestalt ist nach rechts gewandt, in den Händen hält sie ein Beil. Haupthaar und Bart (Umbra), das Inkarnat (differenziert, jedoch nicht sehr hell), das Gewand (Polimentvergoldung), das Futter (Azurit) und der Sockel (Grün) weisen in großen Teilen noch die originale Fassung auf.

Apostel aus dem Apostelzyklus der Marienkirche Salzwedel

Dieser stehende, bärtige Apostel hält ein geschlossenes Buch in der linken Hand, die rechte Hand fehlt. Die Fassung der Skulptur ist zu etwa einem Drittel verloren gegangen (Haupthaar und Bart: Umbra, Inkarnat: differenziert, jedoch nicht sehr hell, Gewand: Polimentvergoldung, Futter: Azurit, Sockel: Grün).

Johannes Evangelista aus dem Apostelzyklus der Marienkirche Salzwedel

Dieser stehende, bartlose Apostel stellt Johannes den Evangelisten dar. Sein Kopf ist nach links geneigt, in der linken Hand hält er einen Kelch, mit der rechten rafft er das Gewand zusammen, wobei die Hand nach oben weist. (Zeige- und Mittelfinger fehlen.) Die originale Fassung ist an Haupthaar und Bart (Umbra), Inkarnat (differenziert, jedoch nicht sehr hell), Gewand (Polimentvergoldung), Futter (Azurit) und Sockel (Grün) noch gut nachvollziehbar.

Apostel Paulus aus dem Apostelzyklus der Marienkirche Salzwedel

Der Apostel Paulus ist hier in Gestalt einer stehenden, nach rechts gewendeten Figur dargestellt. Der bärtige Apostel hält in der rechten Hand ein Buch, die linke umfasst den Rest eines Schwertes (Griffstück und Parierstange erhalten). Relikte der originalen Fassung finden sich an Haupthaar und Bart (Umbra), am Futter (Azurit) und Sockel (grün). Das Inkarnat ist differenziert, jedoch nicht sehr hell. Das Gewand hatte eine Polimentvergoldung.

Apostel mit Buch aus dem Apostelzyklus der Marienkirche Salzwedel

Die Gestalt dieses stehenden, bärtigen Apostels ist nach vorn gewandt. In der rechten Hand hält sie ein Buch, die linke rafft das Gewand zusammen. An Haupthaar und Bart (Umbra), am Futter (Azurit) und Sockel (Grün) finden sich in unterschiedlichem Maße Reste der originalen Fassung. Das Inkarnat ist differenziert, jedoch nicht sehr hell. Das Gewand besaß eine Polimentvergoldung.

Apostel aus dem Apostelzyklus der Marienkirche Salzwedel

Die stehende, bärtige Apostelfigur hält ein geöffnetes Buch in der linken Hand, in der rechten Hand einen Stab (Nachbildung, Original nicht erhalten). Die Fassung ist größtenteils verloren gegangen (Haupthaar und Bart: Umbra, Inkarnat: differenziert, jedoch nicht sehr hell, Gewand: Polimentvergoldung, Futter: Azurit, Sockel: Grün).

Apostel aus dem Apostelzyklus der Marienkirche Salzwedel

Diese Skulptur zeigt einen stehenden, nach links gewendeten, bärtigen Apostel. Dieser rafft mit der linken Hand sein Gewand zusammen. In seiner rechten Hand befand sich ehemals ein Attribut, vielleicht ein Stab. Die Figur zeigt zahlreiche Reste der originalen Fassung (Haupthaar und Bart Umbra, Inkarnat: differenziert, jedoch nicht sehr hell, Gewand: Polimentvergoldung, Futter: Azurit, Sockel: Grün).

Apostel mit Buch aus dem Apostelzyklus der Marienkirche Salzwedel

Dieser nahezu frontal ausgerichtete, stehende Apostel hält ein geöffnetes Buch in seiner linken Hand, die rechte Hand fehlt. Im Gegensatz zu den meisten anderen Figuren der Gruppe hat er keinen Bart. Reste der originalen Fassung finden sich am Haupthaar (Umbra), Inkarnat (differenziert, jedoch nicht sehr hell), Gewand (Polimentvergoldung), Futter (Azurit) und Sockel (Grün).

Apostel aus dem Apostelzyklus der Marienkirche Salzwedel

Dieser Figur eines stehenden, bärtigen Apostel fehlen die Hände, ursprünglich war das Gewand mit der rechten Hand zusammen gerafft. Die Fassung der Skulptur ist nur zu etwa einem Viertel verloren und daher gut rekonstruierbar: Haupthaar und Bart sind im Umbra, das Inkarnat differenziert, jedoch nicht sehr hell, das Futter in Azurit, der Sockel in Grün gehalten, das Gewand besitzt eine Polimentvergoldung.

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