museum-digitalsachsen-anhalt
STRG + Y
de
GLEIMHAUS Museum der deutschen Aufklärung 12 Blätter zu den Anekdoten und Charakterzügen Friedrichs des zweyten, Königs von Preußen, im Gothaischer Hof Kalender auf das Jahr 1789

12 Blätter zu den Anekdoten und Charakterzügen Friedrichs des zweyten, Königs von Preußen, im Gothaischer Hof Kalender auf das Jahr 1789

Die Serie zeigt Illustrationen zu 12 Anekdoten, die in einer frühen Sammlung von Anekdoten Friedrichs II. enthalten waren, der unter demselben Titel in 12 Heften 1787/88 (bzw. 1789 in weiteren 7 Heften) erschienenen Publikation von Johann Friedrich Unger. Friedrich II. war eine lebende Legende, eine erhabene Gestalt und zugleich überaus volkstümlich und höchst beliebt - diese Kombination begünstigte die Entstehung von Anekdoten und schürte das Interesse an ihnen.
Die Anekdote gilt im diesem Falle nicht wie im später vorherrschenden Sinn als eine Erzählgattung von zweifelhaftem Wahrheitsgehalt, in der Fantasie und Wirklichkeit zugunsten des Unterhaltungswertes eine Verbindungen eingegangen sind, sondern als authentische Erzählung charakteristischer Begebenheiten. In den Anekdotensammlungen, die bald zu einer florierenden Gattung wurden, wird Friedrich in seinen zivilen Taten gezeigt. Gemeinsam mit seinen Kriegstaten, die ebenfalls vielfach erzählt und (auch von Chodowiecki) illustriert wurden, ergeben sie Umrisse einer Biografie, eines Charakterbildes des Königs.
Vorhanden sind zehn der zwölf Illustrationen.

[ 10 Objekte ]

"Wenn es so ist denn werd ich wohl bezahlen müssen." Blatt 12 der Anekdoten und...

Bei der Hochzeit des Erbstatthalters der Niederlande mit einer preußischen Prinzessin hatte der König seinem Leibkutscher gestattet, mit seinem niederländischen Amtskollegen auf königliche Kosten zu speisen. Die Höhe der Rechnung, die den König erzürnte, rechtfertigte der Kutscher mit dem Argument: "Was! glauben Ew. Majestät vielleicht, daß der Leibkutscher des Erbstatthalters ein ebenso armer Teufel ist wie ich? Der Kerl säuft nichts als Champagner." Daraufhin soll der König mit dem unter der Szene zitierten Ausspruch eingelenkt haben: "Wenn es so ist denn werde ich wohl bezahlen müssen."

"Nun Mutter seyd ihr immer noch so böse?" Blatt 11 zu den Anekdoten und...

Als Kronprinz hatte Friedrich eine Glaserfrau gefoppt, indem er tat, als sei er in deren Tochter verliebt. Die Mutter erboste sich und zankte den Kronprinzen aus. Später ersuchte sie einmal um eine Audienz. Der König, der ihren Namen auf der Liste der Bittsteller erkannt hatte, empfing sie mit den Worten: "Nun Mutter seyd ihr immer noch so böse?"

"Hier bin ich." Blatt 10 zu den Anekdoten und Charakterzügen Friedrichs II.

Die Anekdote veranschaulicht die oft erwähnte Nahbarkeit des Königs wie auch die Anspruchslosigkeit in seiner Garderobe: Bei einem Spaziergang im Garten von Sanssouci wurde der König von einem Sackträger erkannt, nicht jedoch von dessen Kollegen, den er auf ihn aufmerksam machte, der ihn noch nie gesehen hatte und auch nun wegen der schlechten Kleidung nicht erkannte. Er fragte noch, wo der König sei, als dieser schon in Hörweite war. Darauf legte der Monarch dem Arbeiter ungezwungen die Hand auf die Schulter und sagte: "Hier bin ich."

"Er hat den Schmerz auf der Zunge und ich hier." Blatt 9 zu den Anekdoten und...

Er habe den Schmerz im Herzen, so Friedrich II. gegenüber einem Offzier, der ihn trösten wollte, als ihm der Tod seines Neffen, Prinz Heinrich, gemeldet wurde, denn der Verstorbene sei "einer der besten Menschen" gewesen.

"Serviteur Herr Landrath." Blatt 5 zu den Anekdoten und Charakterzügen...

Bei einer Inspektionsreise im Ruppiner Land verblüffte der König den Landrat von Quast, indem er ihn namentlich anredete und sich so den Anschein von Allwissenheit gab. Natürlich aber hatte er sich kurz zuvor flüsternd über die Personen der Empfangsdelegation erkundigt und war von dem ihn begleitenden Amtmann Fromme, übrigens ein Neffe des Dichters Gleim, ebenfalls flüsternd, in Kenntnis gesetzt worden. Ebendiese Inspektionsreise und die Berichte des Amtsrats Fromme fanden auch Gestaltung in Gleims Buch "Reisegespräch des Königs im Jahr 1779. Zum Besten armer Soldatenkinder in Druck gegeben vom Verfasser der preußischen Kriegeslieder, am Geburtstage des Landesvaters im Jahr 1784. Halberstadt"

"Ja, ja ich seh es Herr Pater mein Haus ist gänzlich zerstört." Blatt 4 zu den...

Das königliche Palais in Breslau wurde im Siebenjährigen Krieg angezündet und brannte nieder. Die Mönche im benachbarten Kapuzinerkloster, die eigentlich gehalten sind, Brände zu löschen, rühmten sich, bei der Löschung des Brandes mitgeholfen zu haben. Ihnen entgegnete der König ironisch: "Ja, ja ich seh es Herr Pater mein Haus ist gänzlich zerstört."

Sire! Dieses sind die Überbleibsel eines unseligen Buchs". Blatt 3 zu den...

Die Anekdote zeigt Friedrich als Freund des Philosophen Voltaire und als roi philosophe, an dessen Hofe allerdings auch Intrigen unter großen Geistern gesponnen werden. Voltaire hatte eine satirische Schrift über Maupertuis, den Präsidenten der Akademie der Wissenschaften, geschrieben und gegen den Wunsch des Königs drucken lassen, der sämtliche Exemplare verbrennen ließ. Trotz Voltaires weiterer Unbotmäßigkeit wurde dieser vom König eingeladen, kam, warf nun auch das Exemplar des Königs mit den Worten "Sire! Dieses sind die Überbleibsel eines unseligen Buchs" in den Kamin und schien damit einzulenken, doch der König rettete die Schrift mit der Feuerzange.

"Sie haben alles gethan was ich hätte thun können". Blatt 2 zu den Anekdoten...

Manche Anekdote ist zugleich ein staatstragendes Ereignis, so wie diese, die für die Kontinuität der Hohenzollern-Dynastie steht: Im Bayerischen Erbfolgekrieg zeichnete sich der Thronfolger, Friedrichs Neffe Friedrich Wilhelm (II.) durch besondere Klugheit aus. Der König emfing ihn mit den Worten: "Ich betrachte Sie von heute an nicht mehr als meinen Neffen" - um nach einem Irritationsmoment hinzuzufügen: "Ich sehe Sie als meinen Sohn an. Sie haben alles getan, was ich hätte tun können, alles, was man von einem erfahrenen General erwarten konnte."

Audienz Christian Fürchtegott Gellerts bei Friedrich II. im Jahr 1760

Daniel Chodowiecki stellte die Audienz Christian Fürchtegott Gellerts 1760 wie auch jene der Anna Louisa Karsch 1763 innerhalb seiner Folge "Anekdoten und Charakterzügen Friedrichs II." für den Gothaischen Hofkalender 1790 dar. Gellert gab sein Gespräch mit dem König folgendermaßen wieder: Der König: Ist er Professor Gellert? Ich habe ihn gern sprechen wollen. Der Englische Gesandte hat mir seine Schriften noch heute sehr gelobt. Sind sie denn wirklich schön? Gelehrt mögen die Deutschen wohl schreiben; aber sie schreiben nicht mit Geschmack. Ich: Ob meine Schriften schön sind; das kann ich selbst nicht sagen, Sire; aber ganz Deutschland sagt es, und ist mit mir zufrieden; ich selbst bin es nicht. Der König: Er ist sehr bescheiden. Ich: Diese Tugend, Ihre Majestät, ist mir natürlich, u. ein guter Autor kann niemals glauben, daß er schön genug geschrieben habe. Der König: Aber warum nöthigen uns die deutschen Scribenten nicht, daß wir ihre Schriften lesen müssen, so wie es die Franzosen mit ihren Werken thun? Ich: Das kann ich nicht beantworten, Sire; da die Griechen schön schrieben, führten die Römer noch Krieg; da die Römer gut schrieben, hatten die Griechen aufgehört zu schreiben. Der König: Er hat Recht. Er mag wohl ein guter Mann seyn. Aber weis er, was ihm fehlet? Es [sic] sollte reisen u. die große Welt kennen lernen; dieses hilft schreiben. Ich: Ich glaube es sehr wohl, Ihre Majestät. Aber ich bin zu alt u. zu krank zum Reisen, u. auch nicht reich genug dazu. Der König: Ja, die deutschen Dichter mögen wohl selten unterstützt werden. Es ist nicht gut. Ich: Vielleicht fehlen uns noch Auguste und Ludwige qvatorce. Der König: Aber Lafontaine hatte keine Pension von Ludwig XIV. war auch nicht in der Academie. Ich: Vergeben Sie mir, Sire; gegen das Ende seines Lebens war er in der Academie; und wenn ihm der König keine Pension gab, so hat ihm doch die La Sablière sechzehn Jahre Pension genug in ihrem Hause gegeben. Der König: Er hat Recht. Aber Sachsen hat ja schon zween Auguste gehabt. Ich: Und wir haben auch in Sachsen schon einen sehr guten Anfang in den schönen Wissenschaften gemacht. Ich rede nicht von Sachsen allein; ich rede von ganz Deutschland. Der König: Will er denn, daß Ein August ganz Deutschland haben soll? Ich: Das will ich eben nicht. Aber ich wünsche nur, daß die großen Könige in Deutschland die Künste aufmuntern sollen, u. uns beßre Zeiten geben. Der König: Sind itzt böse Zeiten? Ich: Das werden Ew. Majestät besser bestimmen können, als ich. Ich wünsche ruhige Zeiten. Geben Sie uns nur Frieden, Sire. Der König: Kann ich denn, wenn Dreye gegen Einen sind? Ich: Das weis ich nicht zu beantworten. Wenn ich König wäre, so hätten die Deutschen bald Frieden. Der König: Hat er den Lafontaine nachgeahmet? Ich: Nein, Sire, ich bin ein Original; das kann ich ohne Eitelkeit sagen; aber darum sage ich noch nicht, daß ich ein gutes Original bin. Der Major: Ja, Ihre Majestät. Man hat in Paris die Gellertschen Fabeln übersetzet u. ihn für den deutschen Lafontaine erklärt. Der König: Das ist viel. Aber warum ist er krank? Er scheint mir die Hypochondrie zu haben. Ich: Leider, seit zwanzig Jahren. Der König: Ich habe sie auch gehabt u. ich will ihn curiren. Ich: So werde ich in mein Journal setzen können, daß mich der König von Preußen curirt hat. Dies wird mir viel Ehre bey der Nachwelt machen. Der König: Erstlich muß er alle Tage eine Stunde reiten u. zwar traben. Ich: Wenn das Pferd gesund ist, so kann ich nicht fort; u. wenn es so krank ist, wie ich, so kommen wir alle beide nicht fort. (Nunmehr schlug er mir noch eine Menge Boerhavischer Mittel vor.) Der König: Will er das thun? Ich: Ihre Regeln, Sire, wie man gut schreiben soll, die werde ich in Acht nehmen u. habe sie auch schon in Acht genommen; aber Ihren medicinischen Vorschriften werde ich nicht gehorchen, sie scheinen mir eine zweyte Krankheit zu seyn. Ich lebe schon sehr diät u. ich bin zufrieden, wenn ich ruhig sterbe, gesetzt, daß ich auch nicht gesund werde. Der König: Wie alt ist er? Ich: Fünf und Vierzig Jahre. Der König: Das ist kein Alter. Er muß noch schreiben, für die Welt leben. Ich: Ich habe es gethan, u. ich habe schon zu viel geschrieben. Es ist eine große Geschicklichkeit zu rechter Zeit aufzuhören; u. endlich liegt mir an der Unsterblichkeit wenig, wenn ich nur genützet habe. Der König: Weis er keine von seinen Fabeln auswendig? Ich: Nein Der König: Besinne er sich. Ich will etliche mal im Zimmer auf u. abgehen. Ich: Nunmehr kann ich Ihrer Majestät eine sagen. Ich sagte ihm die Fabel vom Maler in Athen. Als ich bis auf die Moral* war, sagte er: Nun die Moral? Ich sagte die Moral. Der König: Das ist gut; das ist sehr gut! Ich muß ihn loben. Das habe ich nicht gedacht; nein, das ist sehr schön, natürlich, gut u. kurz. Wo hat er so schreiben lernen? Es klingt fein; sonst hasse ich die deutsche Sprache. Ich: Das ist ein Unglück für uns, wenn Sie die Deutschen Schriften hassen. Der König: Nein, ihn lobe ich. Ich: Das Lob eines Kenners u. Königs ist eine große Belohnung. Der König: Der König wird wohl nicht viel dazu beytragen. Ich: Ja, wenn der König ein Kenner ist: so wird das Lob vollwichtig. Der König: Wenn ich hier bleibe, so besuche er mich wieder u. stecke er seine Fabeln zu sich und lese er mir welche vor. (Zitiert nach: Gellert an Erdmuth von Schönfeld, Leipzig, 12. Dezember 1760, in: C. F. Gellerts Briefwechsel. Hg. von John F. Reynolds. Bd. 3, Berlin, New York 1991, S. 79-81. *Die Moral der Fabel lautet: Wenn deine Schrift dem Kenner nicht gefällt: So ist es schon ein böses Zeichen; Doch wenn sie gar des Narren Lob erhält: So ist es Zeit, sie auszustreichen.

Audienz der Anna Louisa Karsch bei Friedrich II. 1763

Daniel Chodowiecki stellte die Audienz der aus Schlesien gebürtigen Dichterin Anna Louisa Karsch wie im übrigen auch jene Christian Fürchtegott Gellerts innerhalb seiner Folge "Anekdoten und Charakterzügen Friedrichs II." für den Gothaischen Hofkalender 1790 dar. Der Bericht der Anna Louisa Karsch über ihre Audienz bei Friedrich II. im Jahr 1763 wurde berühmt. Die Dichterin hatte die Beschreibung am 15. August bereits an Gleim gesandt, der wiederum dieses Schreiben anderen gezeigt hat. In seinem Besitz hat sich nur noch eine Abschrift von seiner Hand erhalten. Geschickt platziert Karsch in ihrem Audienz-Text an zwei Stellen ihre Kriegsgesänge auf den Monarchen und verbindet ihre Geschichte als Autorin mit den Siegen Friedrichs II. im Siebenjährigen Krieg. Nun aber trat er herein! Ist Sie die Poetin? Ja! Ihro Majestädt! Man nennt mich so! Sie ist doch aus Schlesien? Ja! Ihro Majestät! Wer war ihr Vater? Er war ein brauer auß Schweidnitz, beym weinreichen Grünberg! Auß Schweidnitz? Gehört das nicht den Geistlichen? Bey Lebzeiten meines Vaters war ein herr von Köselitz der Eigenthümer! Aber, wo ist Sie gebohren? Auf einer Meyerey, wie horatz eine gehabt hat. Sie hatte, sagt man, niemals Unterweisung? Niemals, Ihro Majestät! Meine Erziehung war die schlechteste! Durch wen aber ward Sie eine Poetin? Durch die Natur, und durch die Siege von Ew. Majestät! Wer aber lehrte sie die Regeln? Ich weiß von keinen Regeln! Von keinen Regeln? Das ist nicht möglich! Sie muß doch das Metrum wissen! Ja! Ihro Majestät! aber ich beobachte das Metrum nach dem Gehör, und weiß ihm keinen Nahmen zu geben! Wie denn kommt Sie mit der Sprache zurecht, wenn sie sie nicht lernte? Meine Muttersprache hab ich so ziemlich in meiner Gewalt! Das glaub ich, was die Feinheit betrift, wie aber stehts mit der Gramatik? Von der hab ich die Gnade Ew. Majestät zu versichern, daß ich nur kleine Fehler mache! Man muß aber gar keine machen! (Er lächelte.) Was ließt Sie denn? Plutarchs Lebensbeschreibungen! Nicht auch Poeten? Ja, Ihro Majestät, zuweilen auch Dichter, den Gellert, den haller, den Kleist, den Uz und alle unsre deutschen Dichter! Aber ließt sie nicht auch die alten Dichter? Ich kenne ja nicht die Sprache der Alten! Man hat doch Übersetzungen! Ein Paar Gesänge homers von Bodmer übersetzt, und den horatz von Lange laß ich Also den horatz! Hat Sie auch einen Mann? Ja! Ihro Majestät! aber er ist von Ihren Fahnen entlaufen, irrt in Polen umher, will wieder heyrathen, und bittet mich um die Scheidung, die ich ihm verwillige, denn er versorgt mich nicht! Hat Sie Kinder von ihm? Eine Tochter! Wo ist die? Zu Berlin! Hoffrath Stahl bezahlt für sie. Ist sie schön? Mittelmäßig, Ihro Majestät! Sie hat keine schöne Mutter gehabt! Diese Mutter war doch wohl einmahl schön! Ich bitte unterthänig um Vergebung! Sie war niemals schön! Die Natur vergaß den äußern Putz an ihr! Wie wohnt Sie denn? O, Ihro Majestät! Sehr schlecht! Ich kann kein Haus bekommen in Berlin, und, um Ew. Majestät eine Idee zu machen von meiner Wohnung, muß ich bitten, eine Cammer in der Bastilje zu Paris sich zu denken! Aber, wo wohnt sie denn? Im alten Consistorium, drey Treppen hoch, unterm Dach! Wovon lebt Sie? Von Geschenken meiner Freunde! hoffrath Stahl giebt mir sehr oft zu eßen! Wenn Sie lieder in Drukk giebt, was giebt man ihr für den Bogen? Nicht viel, Ihro Majestät! ich ließ acht Lieder auf Ihre Triumphe drukken - Was gab man Ihr? Nur zwanzig Thaler. Zwanzig Thaler? In Wahrheit! Davon lebt man nicht lange! Ich will schon sehen, will sorgen für Sie! Mit diesen Worten entließ mich der König! Ich taumelte den Saal hinaus!

[Stand der Information: ]