Zur Werkgruppe “Landschaft“
Ein bevorzugtes Motiv von Gerda Leo waren Landschaften. Hier spielte sie verschiedene Varianten durch: Extreme Nahsichten mit starkem Anschnitt finden sich ebenso wie der weite Blick über Felder in die Ferne. Stimmungsvolle Aufnahmen zu einer bestimmten Tages- oder Jahreszeit und auch detailgefüllte Ausschnitte fanden ihren Fokus. Die Fotografin hatte einen besonderen Blick für die Natur. Die von ihr gefundenen grafischen Strukturen wie Verästelungen vor dem Himmel oder gezogene Furchen auf einem Feld ließ sie wie Zeichnungen auf der Landschaft erscheinen. Auch Oberflächenstrukturen maß sie einen wichtigen Wert bei, etwa bei Gesteinsformationen oder bei Wasserdarstellungen. Mittels der Ausschnittwahl, verschiedenen Schärfeebenen und der Betonung von Licht und Schatten konnte Gerda Leo elementare Eigenschaften, das sogenannte 'Wesen der Dinge‘ hervorheben oder spielerisch die visuellen Möglichkeiten des fotografischen Bildes ausloten - ein erklärtes Ziel des "Neuen Sehens“.
Zum Motiv “Teich beim Ballenstedter Schloss, Harz“
Einen Teich mit gegenüberliegendem bewaldeten Ufer nutzte Gerda Leo als Hintergrundkulisse für die Darstellung eines Baumes mit seinen Ästen. Die horizontale, dreiteilige Schichtung von Wasser, Wald und schmalem Himmelsstreifen korrespondiert mit den drei waagerecht abgehenden Ästen. So verläuft durch jeden Bereich im Hintergrund ein Ast im Vordergrund. Bäume werden üblicherweise mit ihren hohen Stämmen als Vertikale wahrgenommen, was Gerda Leo mit dem angeschnittenen Stamm in der rechten Bildhälfte andeutet. Dem Baum galt auch der Schärfefokus der Kamera. Jede einzelne Knospe ist in dem Frühlingsbild genau zu erkennen und jeweils als heller Leuchtpunkt markiert. Die Unschärfe im Hintergrund scheint Teich und Wald in strukturelle Elemente aufzulösen. So gliedert sich der Teich beispielsweise in drei weitere Ebenen: Eine helle mit seichtem Wasser unten, eine mit leichten Wellen versehene Oberfläche in der Mitte und eine dunkle mit leichter Spiegelung der Bäume am Ufer. Der Gegensatz zwischen Schärfe und Unschärfe sowie der Gleichklang der Horizontalen ponderieren die Verhältnisse aus, so dass Gerda Leo hier in unmittelbarer Umgebung des barocken Schlosses der Askanier eine natürliche Harmonie festhielt.
Schenkung Gerda d'Oliveira-Leo, Amsterdam
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