Zur Werkgruppe “Menschen“
Eine umfangreiche Gruppe in Gerda Leos Werk bilden fotografische Porträts. In ihren freien Fotografien experimentierte sie auch über konventionelle Sehgewohnheiten hinaus. Die Bildnisse ihrer Familie, aus dem Freundeskreis oder im Umfeld ihres Studiums an der “Burg“ reichen von en face-Darstellungen bis hin zum verlorenen Profil und zeigen Situationen oder Inszenierungen, in Innen- oder Außenaufnahmen. Einige stilistische und kompositorische Mittel finden sich immer wieder: Tageslicht fällt meist als starkes Seitenlicht auf die Gesichter, so dass, vor allem bei en face-Darstellungen, eine Gesichtshälfte im Dunkel bleibt. Zudem sind die Portraitierten häufig knapp ins Format gesetzt, bis hin zum Anschnitt, oft vor nicht näher definierbarem, hellen oder dunklen Hintergrund. Diese Elemente ihrer Bildsprache finden sich schließlich auch in anderen Sujets wieder, etwa bei Pflanzen- oder Sachaufnahmen. Gerda Leos Aussage: “Man nimmt nur auf, was schon in einem drin ist.“ wird hier visuell nachvollziehbar (zit. n. Staatliche Galerie Moritzburg (Hrsg.), Gerda Leo. Photographien 1926–1932, Leipzig 1994, S. 75).
Zum Motiv “Erika im Gimritzer Park“
In einer kleinen dreiteiligen Serie portraitierte Gerda Leo ihre Freundin Erika Unterbeck (1911–1993) im Grimritzer Park in Halle/Saale. Beide lernten sich in der Emailklasse, geleitet von Lili Schultz, an der "Burg“ kennen. Als Bruststück und im Profil mit erhobenem Haupt setzte Leo sie hier ins Bild. Der gehobenen Kleidung nach, das offenbaren die beiden anderen Bilder der Reihe besser, schien es ein besonderer Tag gewesen zu sein. Während Leo den Schärfefokus auf die Figur legte, verschwimmt die Parklandschaft mit den blätterlosen Bäumen in die Unschärfe. Die gedachten Linien entlang der Baumkronen und des "Horizonts“ verlaufen parallel und von rechts nach links leicht ansteigend. Die starke vertikale Figur von Erika Unterbeck scheint so bergauf gehen zu müssen. So wie die gehobene Kleidung unterstützt die Komposition in ihrer Diagonalität den dynamischen, aus dem Alltäglichen herausgehobenen Eindruck des Motivs.
Schenkung Gerda d'Oliveira-Leo, Amsterdam
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