August Wilhelm Leu war beim Publikum seiner Zeit weniger wegen der Darstellung südlicher als vielmehr nördlicher Landschaften mit Fjorden und Bergen beliebt. Doch hatten ihn Studienreisen nicht nur nach Norwegen geführt, sondern auch - wie zahlreiche andere Maler im 19. Jahrhundert - nach Italien. Dieses Land war zum Inbegriff von Arkadien, einer eigentlich auf der griechischen Halbinsel Peloponnes gelegenen Region, geworden. Neben dem Erbe aus der Antike und der Renaissance zogen die Landschaft und das Licht des Südens besonders deutsche Künstler an.
Auch Leu war davon fasziniert. Noch mehr als 20 Jahre nach seiner einzigen bekannten Reise, die ihn auch in die Gegend von Neapel führte - neben Venedig, Rom und Sizilien ein bevorzugtes Reiseziel -, konzentrierte er sich im gezeigten Bild auf die Lichtverhältnisse. Über den Golf von Neapel lässt der Maler Wolken aufziehen, die auf Teile der Landschaft Schatten werfen. Die Stadt am gegenüberliegenden Ufer liegt im Sonnenlicht. Leu deutet die Häuser und eine Kirche in grobem Duktus an. Sie stehen unterhalb des Vesuvs, aus dem eine zarte Rauchfahne aufsteigt, und anderer Berge, die mit grünbraunen Flechten bedeckt sind. Nur ihre eine Seite wird von der Sonne erreicht. Das Wasser, auf dem bis zum Horizont Segelboote zu erkennen sind, spiegelt golden die weißen, noch mit den letzten Strahlen beschienenen Wolken wider. Rechts brauen sich graue Wolken zusammen.
Zu den bereits im Schatten liegenden Regionen gehört auch der Vordergrund. Nach dem Tagwerk heimgekehrt, entspannen sich Fischer bei einem Gespräch. Sie tragen die typischen roten Kopfbedeckungen der Bewohner dieser Gegend, die auf zahlreichen Bildern von Süditalien Akzent setzen. Neben und in den Booten liegen die Utensilien ihres Handwerks. Eine Frau umarmt ein kleines Mädchen. Etwas abseits sitzt ein Knabe mit Tonkrug. Trotz der ausführlichen Schilderung dieses alltäglichen Geschehens galt - so lässt die Lichtführung schließen - das Hauptinteresse Leus aber nicht der Darstellung des Anekdotischen, sondern der der Landschaft.
Das Gemälde ist unten rechts bezeichnet mit: A. Leu 1878
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