Unter dem reichhaltigen Sammlungsbestand an Möbeln befindet sich auch ein norddeutscher Hallen- oder Dielenschrank aus der Zeit um 1700, ein sogenannter „Hamburger Schapp“. Er ist mit einer Höhe von 2,57 m und einer Breite von 2,25 m sehr imposant. Sein nußbaumfurnierter Eichenholzkorpus ruht auf fünf gedrückten und ebonisierten Kugelfüßen. Das Sockelgeschoss besteht aus einer großen Schublade, die optisch jedoch durch plastisch hervortretende Füllungen und zinnerne Beschläge zweiteilig gegliedert ist. Darüber erhebt sich das durch Pilaster architektonisch gegliederte zweitürige Hauptgeschoss, dessen Türfelder durch je ein spitzovales und reich profiliertes Feld gegliedert sind. Seinen krönenden Abschluss findet das Möbel in einem mächtig vorkragenden, gerade verlaufenden und reich profilierten Gesims. Besonders bemerkenswert sind jedoch das reiche plastische Ornament und die Vielzahl von figürlichen Schnitzereien in der Mitte von Abschlussgesims, an den drei Pilastern sowie in den Zwickeln der Türfelder und dem Ladengeschoss.
In der Mitte des Kranzgesims befindet sich, eingerahmt von zwei Engelsfiguren inmitten von reichem Akanthusblattwerk, eine Darstellung der Mutter Gottes mit dem Jesuskind. Die die Front gliedernden Pilaster sind nahezu vollkommen durch rankendes Blattwerk und darin verwoben wirkenden Putten und Frauenfiguren aufgelöst. Die Kapitelle zeigen antikisierte weibliche Büsten. Die spitzovalen profilierten Füllungen der Türfelder sind mit jeweils einer Girlande aus Blattwerk und Figuren besetzt, die in den oberen Spitzen in von Putten gehaltenen Kronen münden. Besonders interessant ist jedoch das Schnitzwerk in den Zwickeln der Türfelder. So lassen sich in den unteren Feldern Engelfiguren ausmachen. Jeder Engel trägt eines der „Arma Christi“ bei sich: das Kreuz, ein Stab mit dem Essigschwamm, eine Leiter und die Lanze. In den oberen äußeren Feldern erkennen wir zwei Frauenfiguren. Rechts könnte es sich um eine Darstellung der „Ecclesia“ als Versinnbildlichung des Neuen Testamentes handeln, links um ihr Gegenstück „Synagoge“ als Symbol für die alttestamentarischen Gesetze.
Ihnen gegenüber befinden sich wiederum in den inneren Feldern zwei männliche Darstellungen. Im linken oberen Feld handelt es sich dabei um die antike Gottheit Hermes oder Merkur, erkennbar an seiner geflügelten Sandale und dem mit zwei Schlangen umwundenen Caduceus, dem Hermesstab. Die rechte männliche Figur ist nicht eindeutig zuzuordnen, jedoch könnte es sich durch die dargestellte Rüstung, Bewaffnung und kriegerische Haltung um den Gott Mars oder Ares handeln.
In seiner Monumentalität ist der „Hamburger Schapp“ ein typischer Vertreter des barocken Möbels. „Schapp“ ist ein Begriff aus dem Niederdeutschen und bedeutet „Schrank“. Die Ortsangabe „Hamburg“ wird jedoch nicht als Herstellungsort, sondern vielmehr als Typenbezeichnung verwendet, denn dieser Schranktypus kommt in allen norddeutschen Hansestädten vor.
(E. Keindorff)
Dielenschrank "Hamburger Schapp"
Beschreibung
Material/Technik
Eichenholz, nussbaumfurniert, geschnitzt; Kugelfüße ebonisiert
Maße
H 257 cm, B 225 cm, T 84 cm
Inventarnummer
[MSN-V 4907 E]
Gehört zu
Literatur
- Ellen Keindorff, In: (2019): Unsere Neuenburg 20. Mitteilungen des Vereins zur Rettung und Erhaltung der Neuenburg e.V. Freyburg (Unstrut), S. 97-108
Laufende Ausstellungen
Zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert wurde die Neuenburg unter den Kurfürsten von Sachsen und den Herzögen von Sachsen-Weißenfels mehrfach um- und ausgebaut. Hintergrund dafür waren die attraktiven Jagdreviere um die Neuenburg, die der Burg die Nutzung als Jagdschloss einbrachte. Höhepunkt dieses Ausstellungsbereichs ist der beeindruckende Fürstensaal.
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