"[du iezt niederfallende Trähne, du gehe hinn und sag Ihm daß ich den ganzen Wehrt Seiner Freundschafft fühle, zürnen Sie nicht mein Vortrefflicher freund daß ich Ihm diese Trähne nachkomen laße, es sind Kinder meiner Liebe die mein Herz untterdrüken muste [...]" Anna Louisa Karsch spricht in Ihrem Brief nach dem Abschied von Gleim mit Tränen wie sie auf dem vorherigen Blatt zum Ausdruck der Unaussprechlichkeit das untere Viertel leer gelassen hatte. Dieser Poetik der Träne und der Leere bedient sie sich im Taumel der Empfindungen, die von ihr seit der persönlichen Bekanntschaft mit Gleim in Berlin einige Tage zuvor Besitz ergriffen haben. Ihr "nachwallendes Herz" schickte dem Dichter Briefe nach Halberstadt hinterher, in denen sie um seine Liebe warb und sich schließlich auf eine Freundschaft einließ. Hieraus entstand eine der wichtigsten und längsten (Brief-)Freundschaften Gleims.
Die Schrift spart die Tränen aus, diese müssen also jedenfalls vor dem Text aufgebracht worden sein. Eine chemische Untersuchung steht noch aus.
Brief der Anna Louisa Karsch an Gleim, 1. Juli 1761 (Der tränenreiche Brief)
Beschreibung
Material/Technik
Tinte und Tränen auf Papier
Maße
Doppelblatt, 227 x 183 mm, gefalzt und ein Blatt 215 x 177 mm
Inventarnummer
[Hs A 6559 Karsch 36]
Gehört zu
Literatur
- Anne Bohnenkamp und Waltraud Wiethölter (2008): Der Brief - Ereignis & Objekt : Katalog der Ausstellung im Freien Deutschen Hochstift - Frankfurter Goethe-Museum, 11. September bis 16. November 2008 / veranst. vom Freien Deutschen Hochstift - Frankfurter Goethe-Museum und der Goethe-Universität Frankfurt am Main in Verbindung mit dem Deutschen Literaturarchiv Marbach. Frankfurt am Main und Basel, S. 248f.
- Nörtemann (1996): "Mein Bruder in Apoll". Briefwechsel zwischen Anna Louisa Karsch und Johann Wilhelm Ludwig Gleim. Göttingen, Bd. 1, S. 17-19
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