Der Holzschnitt "Die Glocke" ist am 19.7.1915 entstanden, nach einer Zeichnung vom 19.7. des Jahres. Es handelt sich um ein Hauptwerk aus den frühen Jahren der Künstlerin. Das Blatt erschien zum Gedenken der im Feld stehenden Männer.
Für die Zeitgenossen war es kaum möglich, das Blatt zu betrachten, ohne an Schillers "Glocke" zu denken, die bis Mitte des 20. Jahrhunderts zum Kern des deutschen Bildungsgutes gehörte. Im "Kunstwart" (2. Dezemberheft 1915), der eine Reproduktion als Kunstbeilage brachte, wird dementsprechend das Schillers Gedicht vorangestellte Motto aufgerufen und damit vergegenwärtigt, dass die Glocke Lebens- und Schicksalsereignisse aller Art begleitet: "Die Lebenden ruf ich, die Toten beklag ich, die Blitze zerbrech ich."
Die Künstlerin erinnerte sich später an ihre Faszination an dem Thema: „Oben im Glockengestühl hat es mir die Glocke angetan, weil ich mit ihr und ihren Tönen meine Gedanken schwingen und hinausziehen lassen kann.“ (NLM 35)
Es sind patriotische Gedanken, welche die Künstlerin in den Kriegsjahren bewegen, verbunden mit dem dringenden Wunsch, für Volk und Vaterland zu wirken. Mit der bildlichen Darstellung der Glocke, so ist ihre Formulierung zu verstehen, vermag sie ihrer patriotischen Gesinnung Gehör zu verschaffen und hiermit wiederum den patriotischen Gemeinsinn zu stärken.
Der Holzschnitten liegt im Bestand in zwei Exemplaren vor. Ein anderer Holzschnitt, zu dem auch die vorbereitende Bleistiftzeichnung erhalten ist, trägt den Titel "Im Glockenstuhl" (vom 23.6.1919, siehe NLM 20) und ist in vier Exemplaren vorhanden (s. Objektgruppe, vgl. Texte zu Inv.-Nr. NLM Dg 051 und Dg 052).
Das Motiv ist auch in Dorothea Mildes Mappe "Die Blasiikirche zu Quedlinburg" enthalten, als einziges nach einem Holzschnitt unter Blättern, die ansonsten Federzeichnungen wiedergeben, sowie bereits in der Mappe "Heimat".
Druck auf dünnem Japanpapier.
Auf charmois farbenes Papier montiert.
Handschriftlich bezeichnet: "Die Glocke - Dorothea Milde".
Verso: "15 - JK [?]"
Das Monogramm Dorothea Mildes in der linken oberen Ecke.