Benedikt Joseph Labre, ein Sohn aus gutem Hause, zog als Pilger durch Europa und lebte seine letzten Jahre als Bettler und Mystiker in Rom. Schon bei seinem Tod am 16. April 1783 auf der Treppe zu der Kirche Santa Maria ai Monti stand er im Ruf der Heiligkeit. Das Volk strömte herbei, um, wie Chodowiecki zeigt, seine Hand zu küssen und Reliquien, einen Fetzen von seinem Lumpengewand, zu ergattern. Schnell wurde hundertfach von Wundern berichtet, insbesondere von wundersamen Heilungen und selbst Auferweckungen an seinem Grab. 1881 wurde Labre heiliggesprochen.
Der Berichterstatter der „Berlinischen Monatsschrift“, dessen beständiges Kopfschütteln man dem Text anzumerken meint und der sich eines ironischen Tons nicht enthalten kann, markiert am Beispiel des Bettler-Heiligen die Polarität von verstandesgestützter protestantischer Aufklärung und mystizistischen Katholizismus.
Tatsächlich erscheint der Katholizimus durch die Zeitgenossenschaft der Behauptung von Wundern und Heiligkeit in obskurster Unaufgeklärtheit. Innerhalb von Chodowieckis Serie treten Labre und diejenigen, die ihn als Heiligen erachten, mithin der Katholizismus neben Quacksalber, Scharlatane, Hochstapler, Wunderheiler und falsche Propheten.