Antwortschreiben (2 Blatt) der KPD-Ortsgruppe Olvenstedt an die KPD-Kreisleitung Wolmirstedt zur Berichterstattung bezüglich der Stimmungslage innerhalb der Bevölkerung.
Text: "In Beantwortung der gestellten 8Fragen geben wir folgende // politische Uebersicht. // 1. Die mit grosser Initiative von uns angestrebte Vereinigung der beiden Arbeiterparteien findet bei einem // grossen Teil der SPD Anhängerschaft begeisterten Anklang. // Es scheinen derer immer weniger zu werden, die noch immer // die alten refomistischen Tendenzen in sich tragen. // In einer gemeinsamen Funktionärsitzung wurde // in freundlicher Weise die Grundlage für die Aktionseinheit // besprochen. Unserer Vorschläge auf gemeinsame Schulungsabende // und Mitgliederversammlungen wurden jedoch nicht sehr be- // geistert aufgenommen. Es war gewisse Aengstlichkeit bei den // Funktionären der SPD Ortsgruppe bemerkbar, dass wir, als // Kommunisten, Berührung mit der breiten Mitgliedschaft der // SPD bekommen würden. // 2. Das Sofortprogramm wird kaum diskutiert, da Olvenstedt // als Dorgemeinde ein Zwitterding zwischen Landarbeiterschaft // und Bauarbeiterschaft ist. // 3. Von den Arbeitern wird die Gründung der Genossen- // schaften sehnlichst erwartet. Man betrachtet die Genossen- // schaften als ein wesentliches Kampfinstrument gegen die // Geschäftsleute die Mitglied der NSDAP gewesen sind. // Anders stehen die Dinge jedoch beim Mittelstand, der sich // hauptsächlich aus Geschäftsleuten rekrutiert. Sie waren // fast ausnahmslos Mitglied der NSDAP und sehen in den // Genossenschaften eine gefährlich Konkurenz. // 4. Die Neubauern stehen restlos zu uns, und nehmen // zum Teil regen Anteil am Parteileben. Entrüstung wurde aber // hervorgerufen, dass bei der Waldzuteilung auch zwei aktive // Nazis bedacht worden sind. // Die Mittel- und grösseren Bauern haben sich scheinbar // mit der Bodenreformals unvermeidliches Uebel abgefunden. // Da aber auch sie fast ausnahmslos Mitglied der NSDAP // waren, sind sie durch die Atkion zur Feststellung der // Nazivermögen sehr eingeschüchtert, und glauben auch // ihre Enteignung stände bevor. // 5. Die Massnahmen gegen die aktivn Nazis schaffen // verständlicherweise sehr geteilte Meinungen. Viele Antifa- // schisten sind der Auffassung, dass die Nazis viel zu sanft // angefasst würden. In diesen Kreisen herrscht Entrüstung // darüber, dass ein Nazi, der sich jetzt als Saboteur entpuppt // schon zweimal verhaftet, doch immer wieder auf freien Fuss // gesezt wird. Man vermutet wohl nicht zu unrecht dass er // von irgend einer Stelle gedeckt wird. /// Teile der früheren Pg`s sind mit dem Massnahmen gegen die // Aktiven absolut einverstanden. Sie leben zum Teil aber auch // noch in grossem Druck, selbst noch schwerer angefasst zu // werden. die meisten von ihnen suchen geltend zu machen, // sie wären nie Nazis gewesen. // 6. (Irrtümlich mit der Frage 5. verwechselt) // Die Frage wie beurteilt die Bevölkerung die Arbeit der // Kommunisten in der Verwaltung, fälltmit der anderen zusammen: // Wer wird für die Schwierigkeiten in der Lebensmittel- // versorgen verantwortlich gemacht. // Leider ist die breite Masse nicht Fähif, die Ursachen // der schwierigen Ernährungslage zu erkennen. Es bedarf n // noch einer ungeheuren Aufklärungsarbeit unsererseit. Die // Masse sieht nur: die Lebensmittelzuteilungen sind knapp. // Da nun überhallhin den Verwaltungen Kommunisten sitzen, sind // sie auch die Schuldigen. Warum gibt uns die Verwaltung nicht // mehr Marken?Von diesem Standpunkt aus betrachtet die Masse // der Bevölkerung die Arbeit der Kommunisten in den Verwal- // tungen. // 8. Die Stellung der Bevölkerung zur Roten Armee ist // heute schon eine wesentlich andere als zu Anfang der // Besatzungszeit. Die jahrelange Hetz- und Hasspolitik der // Nazis hat ihre Wirkung zum grössten Teil verloren. // Wenn heute hin und wieder Uebergriffe eizelner // Angehöriger der Roten Armee vorkommen, hört man am häufigsten // die Ansicht, der Krieg ist vorbei und sowas dürfte niht // mehr vorkommen. Immer mehr imponiert jedoch das saubere // Auftreten der russischen Offiziere und Mannschaften. // In jedem Angehörigen der Roten Armee sieht man den // Kommunisten und darum muss sich jede schlechte Handlung // zum Nachteil für uns auswirken und jede gute Tat muss // sich als Plus für uns auswirken.".