Die Konzeption des Porträts als fingierte Büste war eine seit dem Barock geläufige Würdeformel. Sie versieht das Konterfei mit der Dignität des antiken Kunstwerks und rückt den Dichter der Gegenwart in eine zeitlose Sphäre. Immerhin trug Gleim den Ehrentitel "deutscher Anakreon". Innerhalb seiner Ikonographie sind gleich zwei derartige Bildnisse bekannt, neben dem vorliegenden von Chodowiecki, das dem Alter des Dargestellten nach um 1770 entstanden sein dürfte, ferner das Gemälde von Johann Peter von Langer. Während Langer nach einer gemalten Vorlage gearbeitet hat, dürfte Chodowiecki Gleim nach dem Leben gezeichnet haben. Hierauf deutet die nuancierte Mimik. Mit der Einfärbung der Augenbrauen und der Iris setzte der Künstler unplastische Werte, die somit den Grundgesetzen der Skulptur widersprechen. Auch wird die Anmutung der Zeitlosigkeit des antiken Kunstwerks durch den lebensvollen Ausdruck konterkariert. So spielt Chodowiecki hier mit dem seinerzeit bestens bekannten Mythos des Bildhauers Pygmalion, dessen Statue einer Aphrodite zum Leben erwachte, und so besitzt auch diese Darstellung eine gewisse komische Note. Tatsächlich wurde Gleim zu Lebzeiten nicht dreidimensional dargestellt.
Chodowiecki schuf einige Illustrationen zu Fabeln Gleims. Über eine persönliche Freundschaft zwischen dem Künstler und dem Dichter ist nichts bekannt, doch ist Chodowiecki in Gleims Freundschaftstempel in einer 1790 entstandenen Kopie nach dem Porträt von der Hand Johann Christoph Frischs vertreten.