Die Bronzebüste geht zurück auf eine Dreiviertelfigur aus verschiedenen farbigen Steinen (heute im Museum der Bildenden Künste Leipzig), die Klinger 1886 schuf. Dargestellt ist die Seherin Kassandra, nach der Ilias von Homer die Tochter des Königs Priamos von Troja. Sie wird von dem Gott Apollon geliebt, der ihr die Gabe verleiht, die Zukunft vorauszusehen. Da sie das Liebeswerben des Gottes verschmäht, belegt er sie mit dem Fluch, dass ihren Prophezeiungen kein Glaube geschenkt werden wird. Nach dem Brand von Troja wird sie vom König und Heerführer der Griechen Agamemnon in die Sklaverei geführt und mit ihm gemeinsam von seiner Gemahlin Klytaimnestra ermordet.
Klinger, einer der bedeutendsten deutschen Vertreter des Symbolismus, suchte mit der Verwendung verschiedenfarbiger Steine sowohl den Eindruck antiker Farbigkeit aufzurufen als auch den Ausdruck der Figur zu steigern. Besonders die in Bernstein eingelegten Augen der Steinfigur vertiefen das literarische Moment der Tragik der ungehörten Seherin.
Von der Figur wurden sowohl farbige Stein- als auch Bronze-Büsten in mehreren Varianten hergestellt.
In dieser Ausführung sind die Hautpartien in einer etwas rötlicheren Farbigkeit patiniert und damit vom Haar und Gewand abgesetzt, der Ausdruck der Augen wird lediglich durch ihre dunkle Vertiefung erzeugt.
Signatur: M. Klinger (links am Sockel)
Marke: Aktien-Gesellschaft-Gladenbeck Berlin-Friedrichshagen (hinten am Sockel)