Das Lukasevangelium wurde vom ersten hallischen Missionar in Indien, Bartholomäus Ziegenbalg (1682–1719), ins Tamilische übersetzt. Die Missionare in Südindien übersetzten nicht nur Bibeltexte, sondern auch Kirchenlieder, Gebete und wichtige pietistische Schriften in die Landessprachen. Die Übersetzungen brachten sie jedoch nicht zu Papier, sondern in die landesübliche Literaturform, auf Palmblätter. Das erleichterte ihnen den Zugang zu ihren indischen Zuhörern, denen sie die christliche Botschaft mittels eines Mediums nahebrachten, das ihnen vertraut war. Auf diese Weise entstand eine große Anzahl Palmblattmanuskripte in den südindischen Sprachen Tamil und Telugu. Diese wurden auch nach Halle geschickt, wo sie zunächst als Kuriosität in der Kunst- und
Naturalienkammer gezeigt und schließlich in das Archiv überführt wurden. Die Franckeschen Stiftungen besitzen heute mehr als 250 solcher Manuskripte.