Technik, Material und Farbwahl lassen die Überlegung zu, dass der Apostelteppich womöglich in derselben Werkstatt wie der Abraham-Engel-Teppich (Inv.-Nr. DS516) entstanden ist. Während letzterer in kontinuierender Erzählweise mehrere Episoden der alttestamentlichen Abrahamserzählung wiedergibt, zeigt der hier vorgestellte Wirkteppich auf seiner vollen Breite von neun Metern nur ein Bildthema: Christus Pantokrator umgeben von den zwölf Aposteln.
Leicht aus der Mitte gerückt, doch im Zentrum der Komposition ist Christus als Weltenherrscher (Pantokrator) in einer von den Erzengeln Michael und Gabriel gehaltenen Mandorla zu sehen. Der Offenbarung des Johannes entsprechend thront er auf einem Regenbogen. Seine rechte Hand ist im Segensgestus erhoben, in der Linken hält er ein aufgeschlagenes Buch.
Zu beiden Seiten dieses Mittelbildes haben je sechs Apostel auf langen, von kunstvollen Säulen getragenen Bänken Platz genommen. Sie alle halten Spruchbänder mit entsprechenden Namensbeischriften. Während die Darstellung in der linken Bildhälfte durch eingestellte Architekturelemente gegliedert wird, sitzen die Figuren auf der rechten, etwas schmaleren Bildhälfte dicht an dicht nebeneinander.
Diese Asymmetrie in der Gestaltung lässt auf eine Planänderung im Verlauf der Teppichherstellung schließen. Offenbar musste die Breite des Teppichs reduziert werden – vielleicht, weil zwischenzeitlich ein anderer Aufhängungsort ins Auge gefasst worden war. Möglicherweise fiel auch die Zerstörung des Doms durch Heinrich den Löwen im Jahr 1179 in den Entstehungszeitraum. Später hing der Teppich an der Rückwand des Chorgestühls im gotischen Dom. Für diese sekundäre Verwendung wurden seine Maße abermals angepasst; wahrscheinlich wurde ein Großteil der umlaufenden Palmetten-Lotusblüten-Bordüre schon im 15. Jahrhundert entfernt.