Zur Werkgruppe "FiFo"
Der Deutsche Werkbund initiierte 1929 die bedeutende Wanderausstellung "Film und Foto“ (kurz: FiFo), die zuerst in Stuttgart, dann unter anderem in Zürich, Berlin und Wien gezeigt wurde. Die umfangreiche, international angelegte Schau mit ca. 1200 Arbeiten von 200 Fotografinnen und Fotografen sowie Filmemacherinnen und Filmemachern präsentierte die ganze Vielfalt der beiden Medien in Kunst und Kultur, in Wirtschaft und Politik und in der Informationsbranche. Klassische Genres (Landschaft, Portrait usw.) waren ebenso zu sehen wie Fotocollagen und -montagen, Reportagen, experimentelle Studien oder Werbeaufnahmen. Die Bildsprache entsprach weder der traditionellen Kunstfotografie noch war sie bloße Reproduktion, vielmehr wurden die besonderen Eigenheiten des Mediums betont. Werke unbekannter Urheber, bereits bekannte Künstler und auch Fachklassen wie die vom Dessauer Bauhaus, der Essener Folkwang-Schule und der Hallenser "Burg“ wurden präsentiert. Gerda Leo war mit vier, ihr Lehrer Hans Finsler mit drei Fotografien auf der legendären Ausstellung vertreten. Beide wurden namentlich nicht verzeichnet, sondern standen synonym für das "Neue Sehen“ der "Photographischen Abteilung der Kunstgewerbeschule Burg Giebichenstein, Halle“.
Zum Motiv "Zwiebeln in der Sonne"
Diese Fotografie zeigt drei Zwiebeln auf einem runden Holzbrett auf hellem Untergrund. Aber die Arbeit ist mehr als ein klassisches Stillleben. Das Motiv versinnbildlicht Gerda Leos fotografische Fähigkeiten als Expertin des "Neuen Sehens“. So ist beispielsweise keine der Zwiebeln in voller Gänze abgebildet, ebenso wenig das Holzbrett. Das Arrangement wird durch diese Anschnitte aus der Umgebung gelöst und auf das Wesentliche verdichtet. Das harte Sonnenlicht führt zu starker Schattenbildung, die die organische Form der beiden oberen Zwiebeln vergrößert und mit dem Schattenrund des Holzbretts das Zentrum der Darstellung bildet. Die brillante Schärfe der Aufnahme findet sich in allen Elementen bis hin zu der vertikalen Textur des Untergrundes. Anschnitt, Schattenspiel und Schärfe weisen die Fotografie dem "Neuen Sehen“ in hervorragender Umsetzung zu. So verwundert es nicht, dass Hans Finsler, ein - auf den ersten Blick - triviales Stillleben 1929 als repräsentatives Motiv für die Ausstellung Film und Foto des Werkbunds auswählte.