Diese anonyme Radierung entstand nach einer Graphik des britischen Malers und Grafikers William Hogarth (1697-1764), einem bedeutenden Künstler des 18. Jahrhunderts, der sich sozialkritisch mit seiner Umwelt auseinander gesetzt hat. Die Vorlage für das Blatt schuf er 1749.
Dieses Blatt hier zeigt das Tor von Calais, eine Hafenstadt Nordfrankreichs. Man blickt hier durch einen Torbogen auf eine Gasse mit Häuschen links und rechts angedeutet, dahinter steht das besagte Tor mit Zugbrücke davor. In der Gasse sind Menschen unterwegs. Alles konzentriert sich hier auf den Mann in der Mitte, der ein großes Stück schweren Fleisches auf den Armen schleppt. Er wird von einem opulenten Mönch angehalten, der gierig das Fleisch anstarrt, mit dem Finger begutachtet und sich den Wanst reibt. Von Links eilt ein Soldat mit Gewehr über der Schulter herbei, da das Fleisch für jemand anderen bestimmt ist, wie ein Zettelchen daran verrät. Rechts hinter dem Schleppendem sind Soldaten stehen geblieben. Sie haben gerade ihre dagegen kümmerliche Nahrung erteilt bekommen, die vorn in einem Topf nach rechts weggeschleppt wird, und schauen nun sehnsüchtig mit großen Augen dem Fleischstück hinterher, einer vergießt dabei seine Mahlzeit. Im Torbogen links vorn hocken ein paar Nonnen, man erkennt Kreuze um ihre Hälser, und entfernen Fische aus Netzen. Ihnen gegenüber hockt ein Bettler, offenbar hungrig und bettet zu Gott um Erlösung. Auf diesem Blatt gibt es eine weitere Besonderheit: Links hinter dem Gewehr des Soldaten hat sich Hogarth selbst ins Bild gezeichnet, wie er Skizzen anfertigt und das Geschehen rechts beobachtet. Auf seiner Schulter ruht eine Hand und eine Waffe droht über seinem Kopf. Hogarth selbst wurde einmal in Calais festgenommen, als er auf einer Straße Skizzen machte. Man hatte ihn für einen Spion gehalten.
Beschriftung: 46.