Zur Werkgruppe “Pflanzen“
Ein bevorzugtes Sujet von Gerda Leo sind Natur-Darstellungen. Von ihren Pflanzenaufnahmen gibt es in der Fotografischen Sammlung des Kunstmuseums Moritzburg Halle (Saale) fast 70 Abzüge. Dabei lassen sich zwei Kategorien unterscheiden: Mit Licht kunstvoll inszenierte Blumenstillleben und in der Landschaft gefundene – besser gesehene – Pflanzenstrukturen.
Bei den Blumenbildern isolierte Leo oftmals mittels Aus- und Anschnitt eine einzelne Blüte. In all jenen Aufnahmen spielt das Licht als Seiten- oder Oberlicht in Kombination mit dem Schattenfall oder einem stark verschatteten Hintergrund eine tragende Rolle. Nur so können die Blüten gleichsam selbst leuchten. Mit dieser Art Blumenstillleben steht Gerda Leo in einer Reihe mit den Fotografinnen und Fotografen des “Neuen Sehens“ wie etwa Aenne Biermann (1898–1933) oder auch Albert-Renger-Patzsch (1897–1966), für die die Welt der Pflanze eine große Motivvielfalt bot.
Die Fotografien von Pflanzen in der Landschaft zeigen mehr als eine einzelne Blüte, viel Umgebung lässt Gerda Leo im Bildausschnitt aber auch hier meist nicht zu. Ihr Blick ist unbestechlich: Hier hebt sie die grafische Lineatur des Geästs hervor, da die Zartheit der Halme oder die gefundene Abstraktion bis hin zur scheinbaren Auflösung der Pflanzen im natürlichen Chaos. Wichtigstes stilistisches Element ist hierbei das Spiel von Schärfe und Unschärfe, von Betonung und Auflösung.
Zum Motiv “Herbstzeitlose“
Auf den ersten Blick nahm Gerda Leo mit den "Herbstzeitlosen“ von 1928 ein sanftes Blumenstillleben auf. Auf den zweiten Blick wird allerdings sehr schnell klar, dass der eigentliche Star der Darstellung das Licht ist. Es durchscheint teilweise die Blüten und verleiht ihnen Transparenz. Es beleuchtet Stiel und Blüte und betont so die verschiedenen Formen der Pflanze. Und es bildet einen klar konturierten, trapezförmigen Lichtfleck, der kompositorisch das Gegengewicht zum Schatten der Vase bildet. Ähnlich verhält es sich mit dem durch das Tiefschwarz angedeuteten Raum: Die beschienenen Blüten können nur vor diesem vollends leuchten. Licht und Schatten ergänzen sich fast schon symbiotisch und erzeugen eine glasklare Brillanz im Schein der Herbstzeitlose.
Schenkung Gerda d'Oliveira-Leo, Amsterdam
