Ein Mann mit langem Schnauzbart in einer Ritterrüstung, das Visier des Helmes hochgeklappt, ist in Frontalansicht gezeigt. Mit grimmigem Blick schaut er nach links. In seiner rechten Hand hält er eine Lanze. Vor ihm steht eine kleinere Frau mit dunklen langen Haaren. Ein Schleiertuch ist unter ihren Busen gerutscht, so das dieser entblößt ist. Sie hat ihren Kopf leicht nach rechts gewendet und schaut zum Ritter empor. In ihrer linken Hand, die bis zur Schulterhöhe erhoben ist, scheint sie etwas zu halten – der rechte Arm scheint wie im Abwehr.
Corinth hat sich auf dieser Radierung als Ritter und seine Frau Charlotte als vor ihm stehende Frau verewigt. Mit dem Ritter-Thema hat er sich immer wieder künstlerisch beschäftigt. So geht diese Radierung auf das Gemälde „Der Sieger“ zurück, das Corinth 1910 anfertigte.
Die Deutungen des Motivs sind recht vielfältig: Zunächst kann die Szene in der ikonographischen Tradition als Darstellung des männlichen Ritters als Eroberer und Beschützer des „schwachen Geschlechts“gesehen werden.
Corinths patriotische Ansichten zum Ersten Weltkrieg lassen darüber hinaus auch eine Interpretation im politischen Sinne zu. Die Frau wird zur Verkörperung der bedrohten Heimat und des dortigen Friedens, während der Mann als Personifizierung des Krieges, der Beschützer des Friedens gegen Übergriffe aus dem Ausland ist (Holsten 1976).
Das Blatt gelangte 1988, herausgelöst aus der „Zeitschrift für Bildende Kunst“ (Band 50, N. F. 26, 1914/15, Januar 1915, vor S. 81), in die Lyonel-Feininger-Galerie. Die „Zeitschrift für Bildende Kunst“ erschien ab 1866 monatlich als erste deutsche Kunstzeitschrift im Leipziger E.A. Seemann Verlag.
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