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Kulturstiftung Sachsen-Anhalt - Museum Schloss Neuenburg Künstlerisches Werk Dr. Walter Weiße (1923–2021)

Künstlerisches Werk Dr. Walter Weiße (1923–2021)

Über die Sammlung

Im Jahr 2020 erhielt das Museum Schloss Neuenburg einen umfangreichen, künstlerischen Werkkomplex des Freyburger Künstlers Dr. Walter Weiße als Schenkung. Diese Blätter, bei denen es sich vorwiegend um Papierarbeiten unterschiedlicher Techniken und Formate handelt, bilden einen beispielhaften Querschnitt durch das vielseitige Œuvre eines sehr heimatverbundenen Künstlers.
Der Bestand enthält neben zahlreichen Aquarellen und Mischtechniken auch Zeichnungen, Grafiken, Übermalungen und Collagen aus dieser Schenkung sowie weitere Arbeiten aus früheren Zugängen in die Sammlung des Museums.
Walter Weiße (* 21. Januar 1923 in Freyburg (Unstrut); † 10. Mai 2021 in Naumburg (Saale)) war ein Kind seiner Heimat, die ihm alles bot und in der er alles fand. Nicht nur mit seinem jahrzehntelangen Wirken als Kunsterzieher hat Weiße die Menschen und das Bild der Stadt geprägt, sondern auch mit seiner künstlerischen Tätigkeit. Diese brachte ihm über die Grenzen der Weinstadt hinaus die ihm gebührende, auch internationale Bekanntheit und Anerkennung.
Als heimatverbundener Mensch begleitete Walter Weiße künstlerisch die Entwicklungen seiner Stadt, der Menschen und der Umgebung seit den 1950er Jahren in solch vielfältigen stilistischen Formen, dass sie sich in keine Kategorien einordnen lassen.

Nach einer mehrjährigen russischen Kriegsgefangenschaft kehrte der 24-jährige Walter Weiße in seine Heimat nach Freyburg zurück, wo er zunächst autodidaktisch künstlerisch zu arbeiten begann. Sehr verbunden fühlte er sich in dieser Anfangszeit mit dem Maler Vincent van Gogh (1853–1890), bezeichnete sich Ende der 1940er Jahre sogar als „Goghist“. 1953 fing er ein Studium der Kunstpädagogik in Erfurt an, welches er 1957 in Leipzig mit dem Zusatz der Kunstgeschichte weiterführte. Sehr nahen Kontakt zu moderner Kunst ermöglichte ihm u. a. das Studium bei Prof. Dr. Elisabeth Voigt (1893–1977), einer Schülerin von Käthe Kollwitz (1867–1945) und Karl Hofer (1878–1955), sowie bei Prof. Hans Schulze (1904–1982).
Nach seinem erfolgreichem Studienabschluss mit einer Mappe zum Thema „Bagger und Boote“, einer Lehrtätigkeit in Leipzig und Berlin sowie einer dortigen Promotion 1969, arbeitete Weiße schließlich jahrzehntelang als Kunsterzieher in Freyburg. Seine künstlerische Tätigkeit begleitet ihn dabei stetig. Seine erste Personalausstellung fand 1960 im „Romanischen Haus“ in Bad Kösen statt unter dem dem Zusatztitel „ein Kunsterzieher stellt aus“.
Die Aufnahme seiner Arbeit trieb auch die künstlerische Aktivität an, sodass vor allem in einem Zeitraum zwischen dem Ende der 1960er Jahre und dem Ende der 1970er Jahre sehr viele Arbeiten seiner „grünen Phase“ entstanden. Dort widmete er sich im Aquarell den landschaftlichen Ansichten seiner Heimat und der Umgebung in Darstellungen der Stadt, der Neuenburg und den Weinberge wie er sie auch von seinem Atelier aus oder in der freien Natur sah. Er blickte auf die Gebäude der Stadt, die Kirche, das Rathaus und bei gutem Wetter bis nach Naumburg (Saale). Seine Naturstreifzügen führten ihn in die benachbarten und zu Freyburg zugehörigen Örtchen Zeuchfeld, Schleberoda, Zscheiplitz sowie nach Laucha, Querfurt und Nebra.
Diese zahlreichen Arbeiten an der Form der Landschaft und deren zunehmende Fragmentierung ab den 1980er Jahren sind der Weg über die Auflösung von Perspektive und Komposition hin zu einer Abstraktion. Es entstanden jetzt unter anderem vergitterte Landschaften mit Symbolen und Figuren, die den Betrachter zur Bearbeitung des vorgesetzten Stoffs herausfordern. Walter Weiße visualisiert dabei nicht nur seine Gedanken, Erlebnisse, Begegnungen, sondern verarbeitet auch literarische Stoffe. Dabei entstehen neben Zeichnungen, Aquarellen und Mischtechniken auch druckgrafische Arbeiten.
Einen wichtigen Austauschpartner und weitere künstlerische Anerkennung fand er 1978 in der von dem Galeristen und Publizisten Jürgen Schweinebraden Freiherr von Wichmann-Eichhorn (1938-2022) geführten alternativen Ost-Berliner EP-Galerie mit der Ausstellung „Unstrut-Landschaften“, aus der drei Arbeiten für die Nationalgalerie erworben wurden. Dies und die Fürsprache von Herbert Sandbergs (1908–1992) verhalfen ihm schließlich zur Aufnahme in den Verband Bildender Künstler der DDR, die ihm 1976 zunächst mit der Begründung unzureichender künstlerischen Arbeit verwehrt worden war. 1980 wird die „illegale“ Galerie geschlossen, Schweinebraden verlässt im selben Jahr die DDR, doch der Kontakt mit Weiße bleibt weiterhin bestehen.
Er pflegte weiterhin regelmäßig den Austausch mit Künstlerkollegen und Kolleginnen, Kunsthistorikern und Literaten sowie Poeten. Eine lebenslange Künstlerfreundschaft verband ihn mit dem Berliner Regisseur und Künstler Achim Freyer (*1934) sowie mit dem Künstler Dieter Goltzsche (*1934). Beide lernte er in den 1960er bzw. 1970er Jahren kennen und durchstreifte mit ihnen die weiten Unstrutlandschaften. Auch nachdem Achim Freyer 1972 die DDR verließ hatte, bracht der Kontakt zu Freyburger Freund nicht ab. Es folgten sogar Besuche im Stuttgart und eine gemeinsame Reise nach Italien.
Weiterhin war er unter anderem mit dem Leipziger Künstler Roland R. Richter (*1934), der Schriftstellerin und Künstlerin Charlotte E. Pauly (1886–1981), Schauspielerin Cornelia Kempers (*1954), dem halleschen Schriftsteller Wilhelm Bartsch (*1950) und den österreichischen Schriftsteller Fred Wander alias Fritz Rosenblatt (1917–2006) und seiner Frau Maxie Wander (1933–1977) bekannt. Sie alle und noch viele weitere fanden Eingang in die Bildwelt Walter Weißes.
Zusammen mit Achim Freyer reiste Walter Weiße im Oktober 1989 in dessen Ferienhaus nahe Cerro Balestro in die italienischen Toskana. Eine Reise, die ihn große Inspiration erfahren lässt und durch die über 180 Arbeiten, auch nach seiner Rückkehr entstehen werden. In dieser Auseinandersetzung mit einem wiederkehrenden Bildmotiv lassen sich sich seine künstlerischen Entwicklungen besonders gut festhalten.
Er setzt sich außerdem in feinsinniger Art und Weise mit Kunst, Literatur, Philosophie und auch Politik auseinander. Dem Betrachter wird kein bloßes Abbild des Alltäglichen geliefert, sondern er sieht gleichzeitig Ereignisse und Gedanken in einer sich im stetigen Fluss befindlichen Welt, die sich in einem Bild vereinen und vergegenwärtigen. Im Besonderen widmete er sich seit dem Ende der 1990er Jahre dem Werk des Vormärzdichters Ernst Ortlepp (1800–1864) und des Philosophen und Philologen Friedrich Nietzsche (1844–1900), in Folge dessen zahlreiche, kleine thematische Ausstellungen gezeigt worden. Walter Weiße war 2000/01 an der Berliner Ausstellung „Artistenmetaphysik. Friedrich Nietzsche und die Kunst der Nachmoderne“ beteiligt, wo er neben Künstlerinnen und Künstlern wie Rosemarie Trockel (*1952), Arnulf Rainer (*1929), Joseph Beuys und Gerhard Richter (*1932) zu sehen war. 1997 stellte er in Erfurt in der Ausstellung „Chiffre Mensch“ neben A. R. Penck (1939–2017) und Kaspar Toggenburger (*1960) aus.

Im Mai 2021 starb Walter Weiße im Alter von 98 Jahren und hinterlässt ein umfangreiches Werk, das nun auf verschiedene Art an das Schloss Neuenburg geknüpft ist. Der auf der Neuenburg befindliche künstlerische Nachlass wurde 2021 um ein weiteres Konvolut ergänzt.

Diese Sammlung ist Teil von

Gemälde, Grafiken & Handzeichnungen [1388]

Diese Sammlung umfasst folgende Teile

Walter Weiße - Aquarell [502] Objekte zeigen Sammlung durchsuchen
Walter Weiße - Malerei & Mischtechnik [533] Objekte zeigen Sammlung durchsuchen
Walter Weiße - Grafik & Handzeichnung [155] Objekte zeigen Sammlung durchsuchen
Walter Weiße - Druckgrafik [63] Objekte zeigen Sammlung durchsuchen
Walter Weiße - Collage & Übermalung [107] Objekte zeigen Sammlung durchsuchen

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